Lehrende/r: Jun.-Prof. Dr. Benjamin Meisnitzer
Veranstaltungsart: Vorlesung
Anzeige im Stundenplan: V.GS.F
Semesterwochenstunden: 2
Credits: 2,0
Unterrichtssprache: Deutsch
Min. | Max. Teilnehmerzahl: - | -
Anmeldegruppe: VL SW Fr
Voraussetzungen / Organisatorisches: Leistungsnachweis: gemäß den Studienordnungen
Inhalt: Für den Spracherwerb reicht es nicht, die Sprachhandlung eines anderen zu imitieren. Vielmehr müssen Kinder lernen, dass eine Sprachhandlung eine Wirkung gegenüber einem Adressaten hat. Ziel der Vorlesung ist es, einerseits den Spracherwerb im Rahmen der Evolution des Menschen zu beleuchten und die Besonderheiten des dem Menschen eigenen Kommunikationssystems herauszuarbeiten. Andererseits wollen wir uns in einem zweiten Schritt mit der Definition von Sprache auseinandersetzen. Wir gehen dabei von der Auffassung von Sprache als hochkomplexem, abstraktem System von syntaktischen Regeln (Grammatik), semantischen Übereinkünften (Bedeutung) und pragmatischer Umsetzung (Gebrauch) aus. Besonders rätselhaft im Hinblick auf den Spracherwerb erweist sich immer noch die Tatsache, dass Kinder um die zwei Jahre zwar noch über kein wirkliches Abstraktionsvermögen verfügen, aber dennoch zu sprechen beginnen. Um den Spracherwerbsprozess zu verstehen, werden in der Vorlesung behavioristische, nativistische, interaktionistische und kognitivistische Ansätze vorgestellt und vor dem Hintergrund von Beobachtungen beim Spracherwerb von Kindern und dem Sprachabbau im Fall von Pathologien wie Demenz, Alzheimer oder Aphasie kritisch diskutiert. Am Beispiel des Spanischen, des Französischen und des Portugiesischen soll ein Überblick über den Spracherwerb von Kindern von den Anfängen bis ins 13./14. Lebensjahr gegeben werden. Dabei werden wir besonders die Entstehung der Sprachlaute, das Aufkommen von Bedeutungskategorien und die Entstehung des mentalen Lexikons sowie den Ausbau der Grammatik und die Genese der Syntax der Kindersprache berücksichtigen. Grammatische Strukturen und kognitive Prozesse bilden dabei Kernpunkte unserer Überlegungen. Einzelne grammatische Kategorien wie Tempus, Modus und Modalität sollen im Rahmen dieses Spracherwerbprozesses funktional-kognitiv erklärt werden. Im Anschluss daran werden Besonderheiten im L2-Erwerb gegenüber dem üblichen L1-Erwerbsprozess herausgearbeitet. Abschließen wird die Vorlesung mit einer Annäherung an die Frage, ob Sprache Denken ermöglicht oder Denken uns das Sprechen ermöglicht, und dabei verschiedene Theorien kritisch unter die Lupe nehmen. Die Vorlesung soll somit einerseits die Grundlagen zum L1- und L2-Erwerb vermitteln und die TeilnehmerInnen für die Funktion grammatischer Kategorien sensibilisieren und gewisse Erklärungsansätze für Sprachwandel plausibel machen. Gleichzeitig sollen methodische Grundlagen vermittelt werden, um den Studierenden zu ermöglichen, sich kritisch mit unterschiedlichen Modellierungen in den verschiedenen Teilgebieten der Sprachwissenschaft auseinanderzusetzen und den Blick für aktuelle Fragen der Angewandten Sprachwissenschaft zu schärfen. Kenntnisse in einer der drei romanischen Sprachen Französisch, Spanisch, Portugiesisch reichen für den Besuch der Vorlesung aus.
