Lehrende/r: Dr. Karlheinz Schuster
Veranstaltungsart:
Proseminar
Anzeige im Stundenplan:
PS.Litwiss.Pol
Semesterwochenstunden:
2
Unterrichtssprache:
Deutsch
Min. | Max. Teilnehmerzahl:
- | -
Anmeldegruppe: 2101
Voraussetzungen / Organisatorisches:
Raum: Hegelstraße 59, Raum 00-213
Die Veranstaltung kann im Magister- und im BA-Studiengang absolviert werden. Im BA ist die Veranstaltung Teil folgender Module (Studiengang Slavistik (Polonistik)):
- Aufbaumodul I Slavistik Literaturwissenschaft
- Aufbaumodul I Slavistik Beifach
Das thematische Proseminar kann auch im Rahmen des Studiengangs "Europäische Literatur" (Einzelphilologisches Modul) besucht werden.
Inhalt:
Eine Auswahl von Stücken junger polnischer Autoren der letzten zehn Jahre:
Gesprächsfetzen von Menschen, die sich zufällig in einer heruntergekommenen Straßenunterführung begegnen. Ein junges Paar, das sein erstes Mal theaterprobenartig immer und immer wieder vorwegnimmt. (Die Premiere gerät dann allerdings zum Fiasko.) Eine Achtzehnjährige, die wiederholt aus Mordlust wahllos Passanten erschießt. (Ein Einpersonenstück mit neun weiteren [!] Figuren.) Zwei debile Alte, die bis zur Unerträglichkeit für den Betrachter immer wieder dieselben Gedanken äußern, weil sie vergessen, fünf Minuten zuvor dasselbe schon einmal gesagt zu haben und sich dabei ständig gegenseitig Vergesslichkeit und Senilität vorwerfen. Eine Schnellrestaurantkette, die sich unter Mitwirkung eines verbitterten ehemaligen Geistlichen und unter Zuhilfenahme einer zur Heiligen aufgebauten Aushilfskraft in einen Konzern für spirituelle Erleuchtung verwandelt. Der angedeutete Missbrauch einer Minderjährigen durch einen Freund der Eltern, gebrochen in der Wahrnehmung und der Erinnerung der Beteiligten bis am Ende völlig unklar ist, was und ob überhaupt etwas stattgefunden hat oder ob nicht ein völlig harmloses Geschehen hysterisch fehlinterpretiert wurde.
Die Liste ließe ich fortsetzen.
Ungewöhnliche Schauplätze, zumeist auf der eher armseligen Seite der Welt; Randfiguren der Gesellschaft: wirtschaftlich, geistig, psychisch; Überschreitung der Grenzen des gemeinhin als geistig normal Geltenden; anstößige Handlungen; provozierende Dialoge die Neuere polnische Dramatik befindet sich auf der Höhe der Zeit. Das ist weit entfernt von der klassischen Vorstellung, was den Zuschauer im Theater zu erwarten hat, weit entfernt auch von dem, was heutige Theaterbesucher geboten bekommen, wenn sie sich im in einem Unterhaltungsstück oder einem Musical einen schönen Abend machen wollen. Tabubruch und Provokation kennzeichnen diese Stücke zu Beginn des 21. Jahrhunderts. Was soll das? Was bedeutet dies für das Theater? für die Rolle des Regisseurs, des Schauspielers, des Zuschauers? Welche Weltsicht steht dahinter, welche Erwartungen richten die Autoren an ihre Stücke und an deren Wirkung? Warum tut das Publikum sich das an? Umgekehrt: Liegen diese Tabubrüche und Provokationen nicht weit innerhalb dessen, was das skandalerprobte Publikum gewöhnt ist und fast schon erwartet? Erfüllen diese Provokationen nicht auf eine fast schon spießig zu nennende Weise das Begehren des Publikums? Sind wirkliche Theaterskandale angesichts der Abgebrühtheit der Abonnenten überhaupt noch möglich? Sind sie noch gewollt?
Im Rahmen des Seminares sollen textnah diese und weitere Fragen erörtert werden. Die Annäherung an die Text geschieht durch Lektüre, Übersetzung, Deutung. Szenische Lesungen sollen die Dialogführung deutlicher, manchen Text überhaupt erst verständlich machen. Nicht Vermittlung, sondern Auseinandersetzung soll im Mittelpunkt stehen eine Auseinandersetzung, die ohne Mitwirkung nicht möglich ist.
Zusätzliche Informationen:
Geplant ist auch ein gemeinsamer Theaterbesuch.
Bedingung für die Vergabe von Kreditpunkten ist die regelmäßige und aktive Teilnahme an der Veranstaltung sowie eine schriftliche Hausarbeit.
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