Das Christentum und die Moderne. Kirchengeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts

Veranstaltungsdetails

Lehrende/r: apl. Prof. Dr. Rolf Decot; Univ.-Prof. Dr. Johannes Meier

Veranstaltungsart: Vorlesung

Anzeige im Stundenplan: Moderne

Semesterwochenstunden: 2

Unterrichtssprache: Deutsch

Min. | Max. Teilnehmerzahl: - | -

Inhalt:
Das 19. Jahrhundert begann für die katholische Kirche im deutschsprachigen Raum mit einer Katastrophe, der „Säkularisation“, dem Zusammenbruch der Reichskirche und ihrer teilweise bis zu einem Jahrtausend alten Institutionen und Strukturen. Hineingestellt in eine neue, aufklärerische, mehrheitlich protestantische und insgesamt als feindlich empfundene Umwelt tat sie sich in den deutschen Ländern wie auch auf europäischer Ebene zunächst sehr schwer. Doch seit 1815 wurde sie allmählich zur Hochburg des Widerstandes gegen die Liberalisierungsprozesse der Zeit. Das Ziel war Abgrenzung. Mobilisiert durch ultramontane Zirkel entstand ein „katholisches Milieu“ von großer Geschlossenheit. Die Kirche bildete eine Art paralleler Welt, wie es der „Syllabus“ Pius IX. und das I. Vatikanische Konzil zum Ausdruck brachten. Die als „Weg ins Ghetto“ bezeichnete Tendenz, Katholiken defensiv in streng katholischen Vereinen zu organisieren, entfaltete jedoch eine unerwartete Eigendynamik gegenüber den wechselnden politischen Systemen des 19. und 20. Jahrhunderts: „Was die ultramontane Welt zementieren sollte, wurde auf Dauer Aufbruchs- und Neuerungskraft, es begründete ein Modernisierungspotential“ (Thomas Nipperdey). So konnte Pius XI. formulieren: „… gegen Partei Partei, gegen Verein Verein, gegen Presse Presse.“ Dadurch entstand eine konfessionell-katholische Sonderwelt.

Das lange, zunehmend von Nationalismen geprägte 19. Jahrhundert mündete in die Katastrophe der beiden Weltkriege. Der Historiker Fritz Stern hat die Zeit von 1914 bis 1945 unter Einschluss der bolschewistischen Revolution und der faschistischen Regime als den Zweiten Dreißigjährigen Krieg bezeichnet, der Europa verwüstete. An der Wiege der eropäischen Wiedervereinigung nach 1945 standen christliche Staatsmänner. Ihr Zeitgenosse Papst Johannes XXIII (1958-1963) gab die Konzeption der Kirche als Festung gegen die Brandung der Moderne auf. Mit dem II. Vatikanischen Konzil entschied sich die Kirche für eine offene Katholizität. Papst Paul VI. (1963-1978) prägte dann den Begriff der Inkulturation des Evangeliums in den Kulturen der Welt. Durch dieses „aggiornamento“ und die Zuwendung zu den Zeichen der Zeit gingen jene Lebensformen, die im „katholischen Milieu“ mehrere Generati-onen lang fraglos getragen worden waren, signifikant zurück. Das gegenwärtige Pontifikat Papst Benedikt XVI. (seit 2005) scheint von Zweifeln an der Anerkennung der modernen Freiheitsrechte durch das letzte Konzil geprägt.

Empfohlene Literatur:
Karl Egon Lönne, Politischer Katholizismus im 19. und 20. Jahrhundert (Frankfurt 1986). – Klaus Schatz, Kirchengeschichte der Neuzeit II. (Düsseldorf 1989, 3. Auflage 2003). – Erwin Gatz (Hrsg.), Geschichte des kirchlichen Lebens in den deutschsprachigen Ländern seit dem Ende des 18. Jahrhunderts, 8 Bde. (Freiburg 1991-2008). – Kurt Nowak, Geschichte des Christentums in Deutschland. Religion, Politik und Gesellschaft vom Ende der Aufklärung bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts (München 1995). – Norbert Brox u.a. (Hrsg.), Die Geschichte des Christentums. Religion, Politik, Kultur, Bd. 11: Liberalismus, Industrialisierung, Expansion Europas (1830-1914), hrsg. von Martin Greschat (Freiburg 1997); Bd. 12: Erster und Zweiter Weltkrieg-Demokratien und totalitäre Systeme (1914-1958), hrsg. v. Kurt Meier (Freiburg 1992); Bd. 13: Krisen und Erneuerung (1958-2000), hrsg. v. Jean-Marie Mayeur (Freiburg 2002). – Andrea Riccardi, Salz der Erde, Licht der Welt. Glaubenszeugnis und Christenverfolgung im 20. Jahrhundert (Freiburg 2002). – Hubert Wolf (Hrsg.), Ökumenische Kirchengeschichte, Bd. III: Von der Französischen Revolution bis 1989 (Darmstadt 2007). – Karl Hausberger, Reichskirche – Staatskirche – „Papstkirche“. Der Weg der deutschen Kirche im 19. Jahrhundert (Regensburg 2008).

Termine
Datum Von Bis Raum Lehrende/r
1 Fr, 29. Okt. 2010 10:15 11:45 01 705 HS 15 apl. Prof. Dr. Rolf Decot; Univ.-Prof. Dr. Johannes Meier
2 Fr, 5. Nov. 2010 10:15 11:45 01 705 HS 15 apl. Prof. Dr. Rolf Decot; Univ.-Prof. Dr. Johannes Meier
3 Fr, 12. Nov. 2010 10:15 11:45 01 705 HS 15 apl. Prof. Dr. Rolf Decot; Univ.-Prof. Dr. Johannes Meier
4 Fr, 19. Nov. 2010 10:15 11:45 01 705 HS 15 apl. Prof. Dr. Rolf Decot; Univ.-Prof. Dr. Johannes Meier
5 Fr, 26. Nov. 2010 10:15 11:45 01 705 HS 15 apl. Prof. Dr. Rolf Decot; Univ.-Prof. Dr. Johannes Meier
6 Fr, 3. Dez. 2010 10:15 11:45 01 705 HS 15 apl. Prof. Dr. Rolf Decot; Univ.-Prof. Dr. Johannes Meier
7 Fr, 10. Dez. 2010 10:15 11:45 01 705 HS 15 apl. Prof. Dr. Rolf Decot; Univ.-Prof. Dr. Johannes Meier
8 Fr, 17. Dez. 2010 10:15 11:45 01 705 HS 15 apl. Prof. Dr. Rolf Decot; Univ.-Prof. Dr. Johannes Meier
9 Fr, 14. Jan. 2011 10:15 11:45 01 705 HS 15 apl. Prof. Dr. Rolf Decot; Univ.-Prof. Dr. Johannes Meier
10 Fr, 21. Jan. 2011 10:15 11:45 01 705 HS 15 apl. Prof. Dr. Rolf Decot; Univ.-Prof. Dr. Johannes Meier
11 Fr, 28. Jan. 2011 10:15 11:45 01 705 HS 15 apl. Prof. Dr. Rolf Decot; Univ.-Prof. Dr. Johannes Meier
12 Fr, 4. Feb. 2011 10:15 11:45 01 705 HS 15 apl. Prof. Dr. Rolf Decot; Univ.-Prof. Dr. Johannes Meier
13 Fr, 11. Feb. 2011 10:15 11:45 01 705 HS 15 apl. Prof. Dr. Rolf Decot; Univ.-Prof. Dr. Johannes Meier
14 Fr, 18. Feb. 2011 10:15 11:45 01 705 HS 15 apl. Prof. Dr. Rolf Decot; Univ.-Prof. Dr. Johannes Meier
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