07.803.150 Seminar: Baukunst als Verweissystem: Kopie und Zitat in der Architektur des Mittelalters

Veranstaltungsdetails

Lehrende/r: Univ.-Prof. Dr. Matthias Müller

Veranstaltungsart: Seminar

Anzeige im Stundenplan: S:Spezialstudien 2

Semesterwochenstunden: 2

Credits: 6,0

Unterrichtssprache: Deutsch

Min. | Max. Teilnehmerzahl: 3 | 30

Anmeldegruppe: Seminare: Aufbau-Modul CII KG, WS 10/12

Prioritätsschema: Senatsrichtlinie
Zulassung gemäß Richtlinie über den Zugang zu teilnahmebeschränkten Lehrveranstaltungen vom 07. März 2007.

Nähere Informationen hierzu entnehmen Sie bitte www.info.jogustine.uni-mainz.de/senatsrichtlinie

Voraussetzungen / Organisatorisches:
Hausarbeit = Modulabschluss; verbindlicher Abgabetermin 21.03.2011
regelmäßige Teilnahme (für B.A. und Magister mit Leistungserwerb)

Inhalt:
In einem wegweisenden Aufsatz von 1942 versuchte der Kunsthistoriker Richard Krautheimer erstmals umfassend ein Phänomen zu beschreiben, dass zu den interessantesten der mittelalterlichen Architekturgeschichte zählt und in der „Postmodernen“ Architektur eine erneute Aktualität erfahren sollte: die Kopie eines bedeutenden, vorbildhaften Bauwerks durch ein anderes Bauwerk. Berühmte Beispiele aus dem Mittelalter sind Alt-Sankt Peter in Rom, die Grabeskirche Christi in Jerusalem, die Aachener Pfalzkapelle oder der alte Kölner Dom. So wird z.B. der romanische Bremer Dom in einer Quelle als Kopie des romanischen Kölner Doms bezeichnet oder aber die Templerkirche in Laon als Kopie der Al-Aksa-Moschee in Jerusalem verstanden.
Wer sich das Ergebnis vor Augen führt, wird jedoch feststellen, dass die behaupteten Vorbilder in den Rezeptionsbauten nur fragmentarisch über die Grundrissdisposition, Maßverhältnisse oder Kleinformen verarbeitet wurden. Nach den Beobachtungen von Richard Krautheimer ist dies aber genau das Verfahren, welches bei einer Architekturkopie angewandt wurde: "Offensichtlich erwartete der mittelalterliche Betrachter, in einer Kopie lediglich Teile des Vorbild vorzufinden, jedoch keineswegs alle". Nicht selten erfolgt die „Zerlegung des Originals in einzelne Teile und deren Umgruppierung. Die meisten Elemente des Vorbilds sind vorhanden , aber sie werden in gänzlich verschiedener Weise wieder zusammengesetzt". Dabei ist es auch möglich, die Kopie zusätzlich um Elemente zu bereichern, die dem Original fremd waren und die den Rezeptionsbau am Ende als eine Neuschöpfung kennzeichnen.
Für dieses Verfahren einer partiellen, fragmentarischen Kopie hat die Forschung in den 1980er Jahren den Begriff des „Zitats“ eingeführt und damit ein in der Literaturgeschichte etabliertes Verfahren für die mittelalterliche Architekturgeschichte geltend zu machen versucht. Dabei zeigte sich mehr und mehr, dass „Kopie“ und „Zitat“ im Mittelalter – anders als in der „Postmoderne“ – Bestandteile eines repräsentativen Zeichenssystems waren, mit dessen Hilfe Baumeister und Auftraggeber jenseits künstlerischer Interessen vor allem auch Inhalte sakraler und politischer Repräsentation zu vermitteln wünschten.

Im Seminar sollen sowohl die Forschungsgeschichte als auch die teilweise sehr kontrovers diskutierten Deutungsansätze dieses für die mittelalterliche Architektur maßgeblichen Systems von „Kopie“ und „Zitat“ eingehend untersucht und einer Revision unterzogen werden.

Empfohlene Literatur:
Richard Krautheimer: Einführung zu einer Ikonographie der mittelalterlichen Architektur, in: Richard Krautheimer, Ausgewählte Aufsätze zur Europäischen Kunstgeschichte, Köln 1988, S.142-189, Postscripte S.190-197.

Kunst, Hans-Joachim: „Freiheit und Zitat in der Architektur des 13. Jahrhunderts – die Kathedrale von Reims“, in: „Bauwerk und Bildwerk im Hochmittelalter: anschauliche Beiträge zur Kultur- und Sozialgeschichte“, hrsg. von Clausenberg/Kimpel/Kunst/Suckale, Gießen 1981, S. 87-102.

Dethard von Winterfeld: Mittelalterliche Historismus oder Architekturzitat? Das ehemalige Konstanzer Dominikanerkloster, in: Martina Bergmann-Gaadt (Hrsg.): "Es ist ein weites Feld". Festschrift für Michael Bringmann zum 65. Geburtstag, Aachen 2005, S. 13-28.

Matthias Untermann: Zentralbauten als Mittel der Repräsentation. Visuelle Kommunikation durch Architekturzitate, in: Caspar Ehlers/Jörg Jarnut (Hrsg.): Deutsche Königspfalzen. Beiträge zu ihrer historischen und archäologischen Erforschung, Göttingen 2007, S. 221-236.

Wolfgang Schenkluhn: Bemerkungen zum Begriff des Architekturzitats. Zur Erinnerung an Hans-Joachim Kunst (1929-2007), in: Ars, Nr. 41 (2008,1), S. 3-13.

Viola Belghaus: Gründungslegende und Stiftersignatur : zur Funktion des Architekturzitats am mittelalterlichen Reliquiar, in: Christine Kratzke/Uwe Albrecht (Hrsg.): Mikroarchitektur im Mittelalter. Ein gattungsübergreifendes Phänomen zwischen Realität und Imagination, Leipzig 2008, S. 409-431.

Marc Carel Schurr: Zu den Nachfolgebauten der Sainte-Chapelle im Heiligen Römischen Reich. Die Palastkapellen von Aachen und Prag und das Problem des Architekturzitats, in: Stephan Gasser/Christian Freigang (Hrsg.): Architektur und Monumentalskulptur des 12. - 14. Jahrhunderts. Produktion und Rezeption, Bern 2006, S. 163-181.

Termine
Datum Von Bis Raum Lehrende/r
1 Di, 26. Okt. 2010 16:15 17:45 03 305 Seminarraum Univ.-Prof. Dr. Matthias Müller
2 Di, 2. Nov. 2010 16:15 17:45 03 305 Seminarraum Univ.-Prof. Dr. Matthias Müller
3 Di, 9. Nov. 2010 16:15 17:45 03 305 Seminarraum Univ.-Prof. Dr. Matthias Müller
4 Di, 16. Nov. 2010 16:15 17:45 03 305 Seminarraum Univ.-Prof. Dr. Matthias Müller
5 Di, 23. Nov. 2010 16:15 17:45 03 305 Seminarraum Univ.-Prof. Dr. Matthias Müller
6 Di, 30. Nov. 2010 16:15 17:45 03 305 Seminarraum Univ.-Prof. Dr. Matthias Müller
7 Di, 7. Dez. 2010 16:15 17:45 03 305 Seminarraum Univ.-Prof. Dr. Matthias Müller
8 Di, 14. Dez. 2010 16:15 17:45 03 305 Seminarraum Univ.-Prof. Dr. Matthias Müller
9 Di, 11. Jan. 2011 16:15 17:45 03 305 Seminarraum Univ.-Prof. Dr. Matthias Müller
10 Di, 18. Jan. 2011 16:15 17:45 03 305 Seminarraum Univ.-Prof. Dr. Matthias Müller
11 Di, 25. Jan. 2011 16:15 17:45 03 305 Seminarraum Univ.-Prof. Dr. Matthias Müller
12 Di, 1. Feb. 2011 16:15 17:45 03 305 Seminarraum Univ.-Prof. Dr. Matthias Müller
13 Di, 8. Feb. 2011 16:15 17:45 03 305 Seminarraum Univ.-Prof. Dr. Matthias Müller
14 Di, 15. Feb. 2011 16:15 17:45 03 305 Seminarraum Univ.-Prof. Dr. Matthias Müller
Übersicht der Kurstermine
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