05.127.220 (HS) William James, Die Vielfalt religiöser Erfahrung. Eine Studie über die menschliche Natur

Veranstaltungsdetails

Lehrende/r: Dr. Joachim Heil

Veranstaltungsart: Hauptseminar

Anzeige im Stundenplan: James

Semesterwochenstunden: 2

Unterrichtssprache: Deutsch

Min. | Max. Teilnehmerzahl: 5 | 84

Prioritätsschema: Senatsrichtlinie
Zulassung gemäß Richtlinie über den Zugang zu teilnahmebeschränkten Lehrveranstaltungen vom 07. März 2007.

Nähere Informationen hierzu entnehmen Sie bitte www.info.jogustine.uni-mainz.de/senatsrichtlinie

Kontingentschema: Bachelor 60

Voraussetzungen / Organisatorisches:
Keine

Inhalt:
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts, in einer Zeit, als sich die Philosophie der Naturwissenschaft zuwandte und eine szientistisch geprägte Psychologie aus sich entließ, entwickelte sich in den USA die Denkrichtung des Pragmatismus, als deren Begründer neben Charles Sanders Peirce (1839–1914) insbesondere William James (1842–1910) gilt.

Im Zentrum dieser Philosophie steht dabei nicht zuletzt die Aufforderung, die Wahrheitsfrage neu zu formulieren und neu zu stellen. Denn wird davon ausgegangen, dass eine (wissenschaftliche) Hypothese nur dann wahr ist, wenn sie sich in der Praxis bewährt, dann wird sowohl die Alltagsvorstellung eines substantiellen Wahrheitsbegriffs fragwürdig wie auch das Hauptproblem der Korrespondenztheorie ersichtlich, welches darin besteht, dass Wahrheit oder Falschheit einer Aussage nicht ohne Weiteres festgestellt werden können. Anzumerken ist in diesem Zusammenhang allerdings bereits, dass die Wahrheitstheorie von James, wie er sie u.a. maßgeblich in Der Wahrheitsbegriff des Pragmatismus (1906) vorlegt, nicht als primitive Version des utilitaristischen Nützlichkeitsdenkens fehlinterpretiert werden darf.

Obwohl James mit Peirce in der Grundauffassung übereinstimmt, unterscheidet er sich von diesem vor allem durch den stärker empirisch ausgeprägten Charakter seines Denkens. James Hinwendung zu einem radikalen Empirismus, der sich sowohl gegen den naturwissenschaftlichen Determinismus vulgär-darwinistischer Prägung als auch den philosophischen Monismus idealistisch-hegelianischer Provenienz richtet, erklärt sich maßgeblich daraus, dass sich James in erster Linie an der Psychologie orientiert, während Peirce von der mathematischen Logik ausgeht, was Peirce auch dazu veranlasste, seine eigene Position in Absetzung zu der Position von James als „Pragmatizismus“ zu bezeichnen.

In der Folge seines Denkens tritt für James dabei insbesondere der Streit um den Ursprung von Religion in den Hintergrund und macht der Betrachtung ihrer „Früchte“ Platz. (James bedient sich mit Peirce der biblischen Wendung, dass man die Wahrheit an ihren Früchten erkenne bzw. an Menschen, die der Wahrheit folgen.) James tritt dabei für religiöse Ideen ein, die er u.a. in dem Vortrag Der Wille zum Glauben (1896) zu rechtfertigen sucht. Während allerdings für Peirce die soziale Verständigung auch über die Qualität der religiösen Früchte entscheiden soll, macht James die Intensität der Gefühle zum Maßstab. Religion gilt ihm dabei als Hypothese, die durch entsprechendes Handeln etwas Höheres in der Welt zur Geltung bringt, wobei James als radikaler Empirist dennoch an den aus der Physis stammenden Emotionen als der primären Triebkraft auch für den Willen festhält.

Ausgehend vom Wahrheitsbegriff des Pragmatismus soll im Seminar eine Auseinandersetzung mit der von James im Rahmen seines radikalen Empirismus aufgestellten Hypothese des freien Willens erfolgen, um anschließend der entscheidenden Frage nachzugehen, welches die ethische Dimension ist, die dem Pragmatismus zugrundeliegt und James in seinem Werk Die Vielfalt religiöser Erfahrung (1902) dazu übergehen lässt, seine eigene These einer kritischen Revision zu unterziehen. Denn für ihn stellt Religion die wichtigste aller menschlichen Funktionen dar, die kein anderer Teil unserer Natur so erfolgreich ausfüllen kann; Religion übersteigt also die Moral in ganz bestimmter Hinsicht.

Obwohl William James als einer der wichtigsten Vertreter und Begründer der US-amerikanischen Philosophie auch gegenwärtig in den USA weiterhin rezipiert wird und er nicht zuletzt auch der modernen Religionspsychologie wichtige Impulse gab, stößt im deutschsprachigen Raum die Auseinandersetzung mit dem Pragmatismus bis heute auf erhebliche Schwierigkeiten, was möglicherweise nicht zuletzt an der vorschnellen Reduktion des Pragmatismus auf ein utilitaristisches Nützlichkeitsdenken liegen mag.

Empfohlene Literatur:
Seminarliteratur
James, William: Der Wille zum Glauben. In: Martens, Ekkehard (Hg.): Pragmatismus. Ausgewählte Texte von Charles Sanders Peirce, William James, Ferdinand Canning Scott Schiller, John Dewey. Stuttgart: Reclam, 1975, S. 128–160.

James, William: Der Wahrheitsbegriff des Pragmatismus. In: Martens, Ekkehard (Hg.): Pragmatismus. Ausgewählte Texte von Charles Sanders Peirce, William James, Ferdinand Canning Scott Schiller, John Dewey. Stuttgart: Reclam, 1975, S. 161–187.

James, William: Die Vielfalt religiöser Erfahrung. Eine Studie über die menschliche Natur. Frankfurt a.M.: Insel, 1997.

Zur Einführung
Herms, Eilert: William James. Freiheitserfahrung und wissenschaftliche Weltanschauung. In: Speck, Josef (Hg.): Grundprobleme der großen Philosophen. Philosophie der Neuzeit. 5. Comte, Mill, James, Peirce, Dewey, Mach. Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht, 1991, S. 68–114.

Diaz-Bone, Rainer und Schubert, Klaus: William James zur Einführung. Hamburg: Junius, 1996.

Heine, Susanne: William James. Religion als bewährte Hypothese. In: Heine, Susanne: Grundlagen der Religionspsychologie. Modelle und Methoden. Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht, 2005, S. 107–141.

Nagl, Ludwig: Pragmatismus. Frankfurt a.M.: Campus, 1998.

Termine
Datum Von Bis Raum Lehrende/r
1 Do, 28. Okt. 2010 18:00 19:30 01 415 P102 Dr. Joachim Heil
2 Do, 4. Nov. 2010 18:00 19:30 01 415 P102 Dr. Joachim Heil
3 Do, 11. Nov. 2010 18:00 19:30 01 415 P102 Dr. Joachim Heil
4 Do, 18. Nov. 2010 18:00 19:30 01 415 P102 Dr. Joachim Heil
5 Do, 25. Nov. 2010 18:00 19:30 01 415 P102 Dr. Joachim Heil
6 Do, 2. Dez. 2010 18:00 19:30 01 415 P102 Dr. Joachim Heil
7 Do, 9. Dez. 2010 18:00 19:30 01 415 P102 Dr. Joachim Heil
8 Do, 16. Dez. 2010 18:00 19:30 01 415 P102 Dr. Joachim Heil
9 Do, 13. Jan. 2011 18:00 19:30 01 415 P102 Dr. Joachim Heil
10 Do, 20. Jan. 2011 18:00 19:30 01 415 P102 Dr. Joachim Heil
11 Do, 27. Jan. 2011 18:00 19:30 01 415 P102 Dr. Joachim Heil
12 Do, 3. Feb. 2011 18:00 19:30 01 415 P102 Dr. Joachim Heil
13 Do, 10. Feb. 2011 18:00 19:30 01 415 P102 Dr. Joachim Heil
14 Do, 17. Feb. 2011 18:00 19:30 01 415 P102 Dr. Joachim Heil
Übersicht der Kurstermine
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Lehrende/r
Dr. Joachim Richard Josef Heil