Lehrende/r: Univ.-Prof. Dr. Stephan Grätzel
Veranstaltungsart: Hauptseminar
Anzeige im Stundenplan: Rickert
Semesterwochenstunden: 2
Unterrichtssprache: Deutsch
Min. | Max. Teilnehmerzahl: 5 | 75
Prioritätsschema: Senatsrichtlinie Zulassung gemäß Richtlinie über den Zugang zu teilnahmebeschränkten Lehrveranstaltungen vom 07. März 2007. Nähere Informationen hierzu entnehmen Sie bitte www.info.jogustine.uni-mainz.de/senatsrichtlinie
Inhalt: Erarbeitete Heinrich Rickert in seiner 1891 vorgelegten Habilitationsschrift „Der Gegenstand der Erkenntnis“ eine allgemeine erkenntnistheoretische Grundlegung, die er explizit in die Nachfolge Kants rückt und entsprechend von allen psychologischen und metaphysischen Konzeptionen der Erkenntnis absetzt, so wendet er sich in seinem 1896–1902 zunächst zweiteilig erschienen wissenschaftsmethodologischen Werk „Die Grenzen der naturwissenschaftlichen Begriffsbildung“ einer Theorie der Begriffsbildung in den Naturwissenschaften und den historischen Kulturwissenschaften zu. Rickert stellt dabei keineswegs die Bedeutung der Naturwissenschaften in Frage. Vielmehr kritisiert er ihren Anspruch, als die einzige Wissenschaft angesehen zu werden wie auch den Versuch, ausschließlich auf sie eine Philosophie als Weltanschauungslehre aufbauen zu wollen. Gemäß Rickert ist nicht die Naturwissenschaft, sondern gerade die Geschichtswissenschaft Wirklichkeitswissenschaft im eigentlichen Sinn. Denn im Unterschied zur Naturwissenschaft sucht sich die historische Begriffsbildung, geleitet durch das Interesse am Anschaulichen und Individuellen, der Wirklichkeit anzunähern. Zwar muss sich auch der Historiker des Begriffs bedienen. Im Unterschied zum Naturwissenschaftler aber, dem es um die Erkenntnis des Allgemeinen geht, zielt die Begriffsbildung des Historikers auf die Erkenntnis dessen, was seine Untersuchungsobjekte individuell auszeichnet. Dabei wählt und konstituiert der Historiker seine Objekte, indem er ihre Beziehung „auf die Werte zum Bewusstsein bringt, die an den Gütern der Kultur haften“. Das Vorgehen des Historikers ist insofern kein Werturteil fällendes, sondern ein wertbeziehendes Vorgehen. Im Seminar soll die Methodologie Rickerts anhand ausgewählter Texte in ihren Grundzügen erarbeitet werden, wobei nicht zuletzt der von Rickert geprägte Begriff der „irrealen Sinngebilde“ wie auch der hermeneutische Ansatz des „nacherlebenden Verstehens“ im Zentrum stehen, mit dem sich Rickert kritisch von W. Diltheys Trias Erlebnis-Ausdruck-Verstehen abzusetzen sucht.
Empfohlene Literatur: Seminarliteratur: Grätzel, Stephan/Heil, Joachim (Hg.): Texte zur Praktischen Philosphie: Rickert. Ausgewählt und eingeleitet von Stephan Schallon. London: Turnshare 2009. ISBN: 978-1-84790-022-7 Sekundärliteratur: Grätzel, Stephan: Die Wahrheit der Fiktion. Vorlesungen zur Hermeneutik. London: Turnshare 2005. ISBN: 978-1-903343-69-2