PS. Das Kino und der Rausch: Studien zu einer Standardsituation filmischen Erzählens

Veranstaltungsdetails

Lehrende/r: Dr. Oliver Keutzer

Veranstaltungsart: Proseminar

Anzeige im Stundenplan:

Unterrichtssprache: Deutsch

Min. | Max. Teilnehmerzahl: - | -

Voraussetzungen / Organisatorisches:
Die Teilnahme am Seminar erfordert die Bereitschaft, sich mit den behandelten Filmen und der entsprechenden Forschungsliteratur kritisch auseinanderzusetzen. Der Erwerb eines qualifizierten Scheins setzt die Übernahme eines Referats und das Anfertigen einer schriftlichen Hausarbeit voraus.

Inhalt:
"Rausch", verstanden als Zustand des Verlusts, der Verwirrung oder Betäubung der Sinne, ist prinzipiell als Steigerung nahezu aller menschlichen Affekte denkbar - als Kulminationspunkt von Wut und Hass oder Agonie, als Klimax von Freude, Lust oder Angst; als geistig-mentale Entfremdungsreaktionen auf außergewöhnliche Umwelteinflüsse und als Begleitsymptom physischer Höchstbelastung und Schmerzerfahrung. In der Filmgeschichte wurde der Rausch allerdings auch besonders häufig als Folge von Drogeneinfluss dargestellt, und um diese Gruppe inszenierter und gespielter Momente radikal veräußerter Gefühls- und Geisteszustände soll es im Seminar gehen.

Der "Rausch" darf im filmwissenschaftlichen Sinn als Standardsituation gelten, wenn zur inwendig-mentalen Komponente ein konkret-physisches Moment - der Taumel des Körpers - hinzutritt. Denn erst durch diese Kopplung, wenn geistig-mentale Bewusstseinstrübung auf körperliche Bewegung trifft, werden die Rauschzustände im filmischen Sinne situativ: Erst die körperliche Bewegung erschließt den filmischen Raum, erst durch sie tritt der jeweilige Körper plastisch hervor und in dramatische Szenen ein.

Das Proseminar beschäftigt sich einerseits mit filmgeschichtlichen Ausformungen des "Rausches": Das Irrlichtern delirierender Wahrnehmung stieß z.B. schon im Stummfilm, in Friedrich Wilhelm Murnaus DER LETZTE MANN oder Georg Wilhelm Pabsts ABWEGE, auf großes Interesse. Einen weiteren Schwerpunkt könnten die sechziger Jahre darstellen, als im Zuge eines zunehmend libertären Umgangs mit Drogen vor allem im amerikanischen Kino Filme wie Dennis Hoppers EASY RIDER oder Roger Cormans THE TRIP entstehen, die halluzinogene "Trips" durch LSD oder Meskalin als verrückte bzw. entrückte (Gegen-)Welten darstellen. Seit den neunziger Jahren schließlich können Rauschdarstellungen, nicht zuletzt durch den exzessiven Einsatz von "Computer Generated Images" (CGI), in ungeahnter ästhetischer Freizügigkeit realisiert werden. Bei dieser historischen Betrachtungsweise müssen natürlich kulturelle Einflüsse auf die Darstellung der Standardsituation "Rausch" mitreflektiert werden, denn als erzählerische Sinneinheit ist sie in weitaus größerem Maße als andere Standardsituationen (wie z.B. die "Verfolgungsjagd") kulturellen Darstellungskonventionen unterworfen. Ferner sind Parallelen und Überlappungen zu anderen filmischen Standardsituationen (wie z.B. zum "Traum") von Interesse, denn auch dort werden übersteigerte, verzerrte oder irrealisierte Wahrnehmungen inszeniert.

Eine vorläufige Hypothese könnte lauten, dass die filmische Standardsituation "Rausch" mit einer "ästhetische[n] Aggression" (Noël Burch), einer Kulmination filmischer Inszenierungstechniken einhergeht, mit denen sich das Medium Film selbst performativ thematisiert. Als Ergebnis unserer Beschäftigung mit der Standardsituation "Rausch" wäre die Fixierung eines verallgemeinerbaren filmästhetischen Repertoires wünschenswert, mit dem Extremzustände des Herausgeschleudertseins aus sich selbst filmische Ausformung finden.

Empfohlene Literatur:
Filme: DER LETZTE MANN (D 1924, Friedrich Wilhelm Murnau) – ABWEGE (1928, Georg Wilhelm Pabst) – THE LOST WEEKEND (USA 1945, Billy Wilder) – THE TRIP (USA 1967, Roger Corman) – EASY RIDER (USA 1969, Dennis Hopper) – ALTERED STATES (USA 1980, Ken Russell) – POSSESSION (POL 1980, Andrzej Zulawski) – NAKED LUNCH (USA 1991, David Cronenberg) – BAD LIEUTENANT (USA 1992, Abel Ferrara) – TRAINSPOTTING (GB 1996, Danny Boyle) – WASTED! (NL 1996, Ian Kerkhof) – FEAR AND LOATHING IN LAS VEGAS (1998, Terry Gilliam) – REQUIEM FOR A DREAM (USA 2000, Darren Aronofsky) – SPUN (SWE 2004, Jonas Akerlund) – BERLIN CALLING (D 2008, Hannes Stöhr).

Literatur: Georg Seeßlen: Inschrift des Rausches, Passion oder Kreuzzug. Anmerkungen zu Drogen und Film. In: epd-film 8/2001 – Michael Winter: Die entrückte und die verrückte Welt – Drogentrips im Film. Magisterarbeit am Seminar für Filmwissenschaft der Johannes Gutenberg-Universität. Mainz 2002 (G 07 Psy 8).

Termine
Datum Von Bis Raum Lehrende/r
1 Mo, 20. Apr. 2009 16:15 17:45 00 113 Seminarraum Dr. Oliver Keutzer
2 Mo, 27. Apr. 2009 16:15 17:45 00 113 Seminarraum Dr. Oliver Keutzer
3 Mo, 4. Mai 2009 16:15 17:45 00 113 Seminarraum Dr. Oliver Keutzer
4 Mo, 11. Mai 2009 16:15 17:45 00 113 Seminarraum Dr. Oliver Keutzer
5 Mo, 18. Mai 2009 16:15 17:45 00 113 Seminarraum Dr. Oliver Keutzer
6 Mo, 25. Mai 2009 16:15 17:45 00 113 Seminarraum Dr. Oliver Keutzer
7 Mo, 8. Jun. 2009 16:15 17:45 00 113 Seminarraum Dr. Oliver Keutzer
8 Mo, 15. Jun. 2009 16:15 17:45 00 113 Seminarraum Dr. Oliver Keutzer
9 Mo, 22. Jun. 2009 16:15 17:45 00 113 Seminarraum Dr. Oliver Keutzer
10 Mo, 29. Jun. 2009 16:15 17:45 00 113 Seminarraum Dr. Oliver Keutzer
11 Mo, 6. Jul. 2009 16:15 17:45 00 113 Seminarraum Dr. Oliver Keutzer
12 Mo, 13. Jul. 2009 16:15 17:45 00 113 Seminarraum Dr. Oliver Keutzer
13 Mo, 20. Jul. 2009 16:15 17:45 00 113 Seminarraum Dr. Oliver Keutzer
Übersicht der Kurstermine
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Lehrende/r
Dr. Oliver Keutzer