07.114.630 HS. Brennspiegel der Moderne: Anton Webern

Veranstaltungsdetails

Lehrende/r: PD Dr. Andreas Krause

Veranstaltungsart: Hauptseminar

Anzeige im Stundenplan: HS.MuWi.hist.Kult.Wi

Semesterwochenstunden: 2

Unterrichtssprache: Deutsch

Min. | Max. Teilnehmerzahl: 1 | 20

Prioritätsschema: Senatsrichtlinie zzgl. Bevorzugung höherer Fachsemester
Zulassung gemäß Richtlinie über den Zugang zu teilnahmebeschränkten Lehrveranstaltungen vom 07. März 2007.

Nähere Informationen hierzu entnehmen Sie bitte www.info.jogustine.uni-mainz.de/senatsrichtlinie

Über die Senatsrichtlinie hinaus werden bei der Platzvergabe für diese Veranstaltung Studierende höherer Fachsemester bevorzugt berücksichtigt.

Kontingentschema: MuWi HS

Inhalt:
Kein Geringerer als Pierre Boulez hat Anton Webern (1883-1945) als „Heiligen Geist“ der Zweiten Wiener Schule charakterisiert, hinter Schönberg und Berg fast unsichtbar, und doch (teils) wirkmächtiger als diese. Schönberg möchte, zunächst mit der Atonalität, dann mit der Zwölftontechnik, eine Methode, kein System etablieren. Während Berg die Zwölftontechnik in ein weiter tonales Denken implementiert, entwickelt Webern Schönbergs Ansätze weiter zum „nomos“, zum Gesetz, zugleich Vorlage für den Nachkriegs-Serialismus. Weberns konzeptionell verdichtete Miniaturen, die im Spätwerk zunehmend auch Kompositionsmodelle der wieder entdeckten ‚Alten Musik‘ neu rezipieren, umfassen als Gesamtwerk lediglich 6 CDs und einen nicht sehr breiten Notenschuber. Dies prädestinierte sie nicht nicht nur für eine vorwiegend musiktheoretische Diskussion, Webern und seine Werke wurden vielmehr Ausgangspunkt einer vage umrissenen, sich in IGNM, Donaueschingen und Darmstadt aber ebenfalls, wenn auch selbstbezüglich institutionalisierenden, neuen „Dialektik der Einsamkeit“: „Das radikal entfremdete, absolute Kunstwerk bezieht in seiner Blindheit tautologisch sich einzig auf sich selber. (…) Webern realisiert die Zwölftontechnik und komponiert nicht mehr: Schweigen ist der Rest seiner Meisterschaft“ (Adorno, Philosophie der neuen Musik, S. 50f./106). Die für Webern untrennbar damit verbundene lyrische Lichtmetaphorik des vokalen Spätwerks nach Texten von Hildegard Jone, die den Jugendstil-Ton der frühen „berauschten Sonnenwelten“ (Opus 2) im Anschluss an Goethes Farbenlehre zu einer religiös begriffenen Naturgesetzlichkeit von Kunst und Musik steigert, hat Adorno allerdings als „sonderbar infantil“ und „Insuffizienz des Subjekts“ (a.a.O. S. 107f.) diskreditiert.

Zu den problematischen Voraussetzungen seines singulären Weges gehört auch, dass Webern vom zerstörerischen Strudel der nationalsozialistischen Katastrophe erfasst wird. Die schnell erzwungene Emigration Schönbergs 1933 und der Tod Alban Bergs 1935 brechen den engen biographisch-künstlerischen Zusammenhalt auf. Die verbleibenden 10 Lebensjahre mit ihrem von den politischen Umständen erzwungenen Rückzug ins Private lassen die vorher mühsam erreichte Parallelisierung von Leben und Werk auseinanderbrechen, für den Biographen bleibt der späte Webern widersprüchlich. Der tragische, gewaltsame (Webern wird von einem amerikanischen Besatzungssoldaten erschossen) und bis heute nicht gänzlich geklärte Tod in den Nachkriegswirren, verursacht auch durch familiäre Verstrickung, die den gern genutzten Begriff einer ‚inneren Emigration‘ in seinen dunklen Facetten beleuchtet, verhindert schließlich abrupt Weberns aktive Teilhabe an dem spektakulären Neuaufbruch der Neuen Musik nach 1945, der dennoch ohne ihn nicht denkbar ist.

„Brennspiegel der Moderne“ ist daher auch als Brennspiegel der musikwissenschaftlichen Ansätze gedacht. Biographie und ästhetische Vereinnahmung (vor allem durch Adorno) sollen problematisiert, der (traditionelle) Werkbegriff und darauf aufbauende Analysemethoden durch eine ergebnisoffene Phänomenologie von Perzeption, Performanz und Körperlichkeit ergänzt, und die Bedingungen kompositorischer Arbeit im Rahmen von Institutionengeschichte hinterfragt werden. Fakultativ kann eine Einführung in die Methodik der Anton Webern Gesamtausgabe erfolgen, die dezidiert historisch-kritisch aufgesetzt ist und sich in ihrem digitalen Anteil nicht – wie die meisten übrigen Gesamtausgaben – an EDIROM, sondern das SALSAH-Format des Digital Humanities Lab der Universität Basel anlehnt.

Empfohlene Literatur:
Thomas Ahrend und Matthias Schmidt (Hg.), Anton Webern und Giovanni Segantini, Musiktheorie 4/2015
Kathryn Bailey, The life of Webern, Cambridge 1998
Julian Johnson, Webern and the transformation of nature, Cambridge 1999
Andreas Krause, Anton Webern und seine Zeit, Laaber 2001
Hans und Rosaleen Moldenhauer, Anton von Webern. Chronik seines Lebens und Werkes, dt. Übersetzung von Ken W. Bartlett, Zürich 1980
Musikkonzepte Sonderband Anton Webern I und II, hg. von Heinz-Klaus Metzger und Rainer Riehn, München 1983 und 1984
Simon Obert, Musikalische Kürze zu Beginn des 20. Jahrhunderts, Stuttgart 2008
Anne C. Shreffler, Webern and the Lyric Impulse. Songs and Fragments on Poems of Georg Trakl, Oxford 1994
Dominik Schweiger und Nikolaus Urbanek (Hg.), webern_21, Wien etc. 2009
Webern-Studien (Beihefte der Anton Webern Gesamtausgabe), Wien 2012 etc.

 

Termine
Datum Von Bis Raum Lehrende/r
1 Mo, 16. Okt. 2017 18:15 19:45 01 153 HS MuWi PD Dr. Andreas Krause
2 Mo, 23. Okt. 2017 18:15 19:45 01 153 HS MuWi PD Dr. Andreas Krause
3 Mo, 30. Okt. 2017 18:15 19:45 01 153 HS MuWi PD Dr. Andreas Krause
4 Mo, 6. Nov. 2017 18:15 19:45 01 153 HS MuWi PD Dr. Andreas Krause
5 Mo, 13. Nov. 2017 18:15 19:45 01 153 HS MuWi PD Dr. Andreas Krause
6 Mo, 20. Nov. 2017 18:15 19:45 01 153 HS MuWi PD Dr. Andreas Krause
7 Mo, 27. Nov. 2017 18:15 19:45 01 153 HS MuWi PD Dr. Andreas Krause
8 Mo, 4. Dez. 2017 18:15 19:45 01 153 HS MuWi PD Dr. Andreas Krause
9 Mo, 11. Dez. 2017 18:15 19:45 01 153 HS MuWi PD Dr. Andreas Krause
10 Mo, 18. Dez. 2017 18:15 19:45 01 153 HS MuWi PD Dr. Andreas Krause
11 Mo, 8. Jan. 2018 18:15 19:45 01 153 HS MuWi PD Dr. Andreas Krause
12 Mo, 15. Jan. 2018 18:15 19:45 01 153 HS MuWi PD Dr. Andreas Krause
13 Mo, 22. Jan. 2018 18:15 19:45 01 153 HS MuWi PD Dr. Andreas Krause
14 Mo, 29. Jan. 2018 18:15 19:45 01 153 HS MuWi PD Dr. Andreas Krause
15 Mo, 5. Feb. 2018 18:15 19:45 01 153 HS MuWi PD Dr. Andreas Krause
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