Lehrende/r: Univ.-Prof. Dr. Dietrich Scholler
Veranstaltungsart: Proseminar
Anzeige im Stundenplan: PS2.LW.I.
Semesterwochenstunden: 2
Credits: 4,0
Unterrichtssprache: Italienisch
Min. | Max. Teilnehmerzahl: 1 | 30
Voraussetzungen / Organisatorisches: Regelmäßige und aktive Teilnahme am Seminar: - max. 2 Fehlstunden - Übernahme einer Sitzungsvorbereitung/Referat (inkl. ausformuliertem Thesenpapier) - Lektüre der angegebenen Texte als Voraussetzung für den Erwerb von Leistungspunkten durch eine schriftliche Hausarbeit laut (10-12 Seiten) Prüfungsordnung
Inhalt: Niccolò Ammaniti (*1966) war ein Star der sogenannten gioventù cannibale, eine Gruppe junger Schriftsteller/innen, die in den 90er Jahren eine völlig neue Art von Literatur schufen und sich dabei an dem epochalen Film Pulp Fiction (1994) orientierten. In Analogie zu Quentin Tarantinos Trash-Film geht es in den frühen Romanen und Erzählungen von Ammaniti nicht besonders zimperlich zu. In der Erzählung L'ultimo capodanne dell'umanità aus dem Erzählband Fango (1996) etwa driftet die Alltagsbanalität von Durchschnittsexistenzen eines römischen Wohnkomplexes unversehens in galoppierenden Wahnsinn und groteske Gewaltausbrüche ab: Ein Opa schießt mit der Muskete auf Partygäste im Nachbarhaus, eine eifersüchtige fidanzata harpuniert ihren fidanzato, und am Ende wird die Wohnanlage von zwei drogenabhängigen Jugendlichen mit Sprengstoff in die Luft gejagt. Spätestens mit Come Dio comanda (2006) setzt eine neue Schaffensphase ein. Im Mittelpunkt des Romans steht eine Gruppe von drei 'abgehängten' Männern, die mit der Globalisierung nicht mehr mithalten können und deshalb prekären Beschäftigungen nachgehen. Ihr Plan eines ambitionierten Bankraubs erinnert zwar noch entfernt an die Ästhetik des pulp, aber aufgrund des ernsthaften Hintergrunds treten weniger die komischen als vielmehr die beunruhigenden Elemente und Strukturen dieser Verlierer-Groteske in den Vordergrund. Damit nähert sich Ammaniti jener Rückkehr zum Realismus, die in den letzten Jahren vielfach beschworen wurde. In seinem jüngsten Roman Anna (2015) dagegen scheint sich Ammaniti abermals neu zu erfinden, handelt es sich doch aufgrund seines dystopischen Charakters um einen klaren Fall von Realitätsüberschreitung. Ziel des Proseminars ist es, die hier angedeutete Entwicklung durch genaue Textanalysen der o. g. Erzählungen und Romane im Horizont der aktuellen Realismusdebatte zu diskutieren, um ein möglichst schlüssiges Gesamtbild des Autors Niccolò Ammaniti zu entwerfen.
Empfohlene Literatur: Ammaniti, Niccolò (1999): Fango. Milano: Mondadori (Piccola Biblioteca) - (2006): Come Dio comanda. Milano: Mondadori. - (2015): Anna. Torino: Einaudi.
Zusätzliche Informationen: Die Kenntnis des historischen und literarhistorischen Kontexts (PS1, VL) ebenso wie die Techniken des wissenschaftlichen Arbeitens (PS1, PS2) sind dringend notwendig und werden zu Beginn des Semesters vorausgesetzt.
