09.050.390 M10ED Seminar zur Fachdidaktik III B „Interkulturalität im Geographieunterricht – Antirassistisch wirksam oder kulturell stereotypisierend?“

Veranstaltungsdetails

Lehrende/r: Dr. Marion Plien

Veranstaltungsart: Seminar

Anzeige im Stundenplan: M10ED S Fadi III

Semesterwochenstunden: 2

Credits: 4,0

Unterrichtssprache: Deutsch

Min. | Max. Teilnehmerzahl: - | 20

Anmeldegruppe: M10ED

Prioritätsschema: Senatsrichtlinie
Zulassung gemäß Richtlinie über den Zugang zu teilnahmebeschränkten Lehrveranstaltungen vom 07. März 2007.

Nähere Informationen hierzu entnehmen Sie bitte www.info.jogustine.uni-mainz.de/senatsrichtlinie

Voraussetzungen / Organisatorisches:
Die im Seminar vorgestellten Fachartikel sollten regelmäßig vorbereitet werden, um eine fachwissenschaftliche Grundlage zu schaffen. Darüber hinaus ist die Bereitschaft, Impulsreferate zu übernehmen und kleinere Lernaufgaben zu machen, integraler Bestandteil der aktiven Teilnahme. Zudem sollten Lernumgebungen und Unterrichtsreihen geplant werden. Das Seminar schließt mit einem Portfolio ab. 

Inhalt:
„Interkulturalität im Geographieunterricht – Antirassistisch wirksam oder kulturell stereotypisierend?“

Schülerbeiträge im Geographieunterricht wie die folgenden verdeutlichen die Relevanz der gesellschaftlichen Dimension "Kultur" und der kulturellen Brille(n) bei der Wahrnehmung anderer Orte und Räume (vgl. Schülerbeitrag 1) und auch die Gefahr, die davon ausgeht (vgl. Schülerbeitrag 2): 

"In Spielfilmen, die in anderen Ländern spielen kann man etwas über die dortige Kultur lernen. Zum Beispiel in Wüstenblume (2009) erkennt man den Zusammenhalt, den die da haben, wenn sie zusammen singen: so etwas gibt es in Deutschland nicht mehr." (Schülerbeitrag 1, 8. Jahrgangsstufe, 2010) 

"Man sieht [über wüstenblume (2009)] wie die an der Kultur hängen bleiben. Als der Arzt in London entdeckt hat, dass sie beschnitten ist, wollte er sie operieren und da war einer, der ihre Sprache gesprochen hat und anstatt zu übersetzen, hat er sie beleidigt, weil sie die eigene Kultur damit beschmutzt hat. Man merkt, dass so Länder, die weit abgeschieden sind, ihre Religion beibehalten und ihren Glauben durch nichts verändern wollen." (Schülerbeitrag 2, 10. Jahrgangsstufe, 2010) 


Im neuen Lehrplan der Sekundarstufe I findet sich (daher) in den fachspezifischen Vorbemerkungen "Empathie und interkulturelles Lernen" (MfBWWK 2016: 29) als durchgängiges didaktisches Prinzip. Die Einheitlichen Prüfungsanforderungen an die Abiturprüfung Geographie (EPA) fordern für die Sekundarstufe II, dass SchülerInnen "ein interkulturelles Verständnis als Grundlage des eigenen Verhaltens" (KMK 2005: 5) entwickeln. Dieser Kompetenzstandard ist ein Bestandteil der Sozialkompetenz, die "die Bereitschaft und Fähigkeit umfasst, sich mit eigenen und fremden Wertesystemen auseinanderzusetzen" (KMK 2005: 5).

Leider erklären diese rahmenrechtlichen Grundlagen nicht, was in diesem Zusammenhang unter "Kultur" zu verstehen ist, wie eine "interkulturelle Kompetenz" auszusehen hat und es fehlen didaktisch-methodische Vorschläge zur Umsetzung des "interkulturellen Lernens" im Geographieunterricht. 

Es ist unbestritten, dass interkulturelles Lernen im Geographieunterricht notwendig ist (gerade auch im Hinblick auf die medial immer noch intensiv diskutierte „Flüchtlingsproblematik“ und dem Erstarken der AfD), aber vielleicht nicht immer sinnvoll. Der Bildungsbeitrag des Faches Erdkunde, umfasst den "Einblick in den Zusammenhang zwischen den naturräumlichen Gegebenheiten und den gesellschaftlichen Aktivitäten in verschiedenen Räumen der Erde" (DGFG 2017: 5). Aber es stellt sich die Frage, ob Themen wie die Abholzung des tropischen Regenwaldes (als ein gelungenes Beispiel zur Erarbeitung der Systemkompetenz und damit zum Erfüllen des Bildungsbeitrags) einen "kulturellen" Perspektivwechsel benötigt, um zu verstehen, dass einige Menschen auf die wirtschaftliche Nutzung des tropischen Regenwaldes angewiesen sind, um sich zu ernähren und ihre Grundbedürfnisse des menschlichen Seins zu erfüllen. Denn würde in diesem Kontext eine interkulturelle Betrachtung von Handlungen und Praktiken von Menschen (in anderen Räumen der Erde) nicht vielmehr dazu führen, dass sie „fremder“ und „anders" gemacht werden als sie eigentlich sind? Und unterstützt dieses Vorgehen nicht sogar den Eingang von Rassismen in geographische Lernprozesse?  

Diese Inhalte stehen im Zentrum der Lehrveranstaltung. In den ersten Seminarsitzungen werden wir uns zunächst einmal mit unseren eigenen Rassismen und subjektiven Alltagstheorien zu Kultur beschäftigen. Danach erarbeiten wir uns theoretische Konzepte zur "Inter-" sowie "Transkulturalität", der "interkulturellen Kompetenz", Modelle zum "interkulturellen Lernen" und zur antirassistischen Bildung. Nach einer Analyse von Schulbüchern (im Hinblick auf die Umsetzung interkulturellen Lernens und den dahinterstehenden Kulturkonzepte sowie möglichen Rassismen), werden wir gemeinsam didaktisch-methodische Ideen entwickeln, um antirassistische Bildung und interkulturelles Lernen in den Unterricht zu integrieren. Ihre Aufgabe besteht dann darin, in Gruppen Unterrichtsreihen und Lernumgebungen im Rahmen einer antirassistischen Bildung und/oder interkulturellem Lernen zu entwickeln, zu präsentieren, (in Auszügen) zu simulieren und zu diskutieren.  

Verwendete Literatur: 
Deutsche Gesellschaft für Geographie (2017): Bildungsstandards im Fach Geographie für den mittleren Bildungsabschluss. Bonn.
Kultusministerkonferenz (Hrsg.) (2005): Einheitliche Prüfungsanforderungen in der Abiturprüfung Geographie. O.O..
Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur (Hrsg.) (2016): Lehrplan für die gesellschaftwissenschaftlichen Fächer. Erdkunde, Geschichte, Sozialkunde.

Empfohlene Literatur:
Budke, A. (2013): Interkulturelles Lernen im Geographieunterricht. In: Kanwischer, D. (Hrsg.) (2013): Geographiedidaktik. Ein Arbeitsbuch zur Gestaltung des Geographieunterrichts. Stuttgart: 152-163.
Budke, A. (Hrsg.) (2008): Interkulturelles Lernen im Geographieunterricht. Potsdamer Geographische Forschungen, Band 27. Potsdam.
Deardorff, D. (2006): Policy Paper zur Interkulturellen Kompetenz. In: Bertelsmann Stiftung (Hrsg.) (2006): Interkulturelle Kompetenz – Schlüsselkompetenz des 21. Jahrhunderts? Thesenpapier der Bertelsmann Stiftung auf Basis der Interkulturellen-Kompetenz-Modelle von Dr. Darla K. Deardorff. Internet: http://www.bertelsmann-stiftung.de/bst/de/media/xcms_bst_dms_17145_17146_2.pdf (12.03.2014)
Göbel, K. und P. Buchwald (2017): Interkulturalität und Schule. Migration – Heterogenität – Bildung. Stuttgart.
Lossau, J. (2014): Kultur und Identität. In: Lossau, J., T. Freytag und R. Lippuner (Hrsg.) (2014): Schlüsselbegriffe der Kultur- und Sozialgeographie. Stuttgart: 25-38.
Lossau, J. (2003): Geographische Repräsentationen: Skizze einer anderen Geographie. In: Gebhardt, H., P. Reuber und G. Wolkersdorfer (Hrsg.) (2003): Kulturgeographie. Aktuelle Ansätze und Entwicklungen. Heidelberg und Berlin: 102-111.
Mönter, L. (2013): Interkulturelles Lernen. In: Rolfes, M. (Hrsg.) (2013): Metzler Handbuch 2.0 Geographieunterricht. Ein Leitfaden für Praxis und Ausbildung. Braunschweig.
Mönter, L. und A. Schiffer-Nasserie (2007): Antirassismus als Herausforderung für die Schule. Von der Theoriebildung zur praktischen Umsetzung im geographischen Schulbuch. Frankfurt a.M..
Reckwitz, A. (2000): Die Transformation der Kulturtheorien. Zur Entwicklung eines Theorieprogramms. Velbrück.
Schrüfer, G. (2009): Vom diffusen Konzept zum gestuften Modell. Ein Beitrag zur Optimierung der interkulturellen Erziehung im Geographieunterricht. In: Geographie und ihre Didaktik 37 (4): 153–173.
Schrüfer, G. (2010): Förderung der interkulturellen Kompetenz im Geographieunterricht. Ein Beitrag zum Globalen Lernen. In: Schrüfer, G. und I. Schwarz (Hrsg.) (2010): Globales Lernen. Ein geographischer Diskursbeitrag. Erziehungswissenschaft und Gesellschaft, Band 4. Münster: 101-110.
Welsch, W. (1997): Transkulturalität. Zur veränderten Verfassung heutiger Kulturen. In: Schneider, I. und C.W. Thomsen (Hrsg.) (1997): Hybridkulturen. Köln: 67-90.
Werlen, B. (2003): Kulturgeographie und kulturtheoretische Wende. In: Gebhardt, H., P. Reuber und G. Wolkersdorfer (Hrsg.) (2003): Kulturgeographie. Aktuelle Ansätze und Entwicklungen. Heidelberg und Berlin: 251-268.
Westermann Verlag (Hrsg.) (2011): Praxis Geographie. Interkulturelles Lernen. Vielfalt an Perspektiven (7-8).
Zierhofer, W. (2003): Natur – das Andere der Kultur? Konturen einer nicht-essentialistischen Geographie. In: Gebhardt, H., P. Reuber und G. Wolkersdorfer (Hrsg.) (2003): Kulturgeographie. Aktuelle Ansätze und Entwicklungen. Heidelberg und Berlin: 193-212.

Termine
Datum Von Bis Raum Lehrende/r
1 Di, 22. Okt. 2019 12:30 14:00 04 223 Dr. Marion Plien
2 Di, 29. Okt. 2019 12:30 14:00 04 223 Dr. Marion Plien
3 Di, 5. Nov. 2019 12:30 14:00 04 223 Dr. Marion Plien
4 Di, 12. Nov. 2019 12:30 14:00 04 223 Dr. Marion Plien
5 Di, 19. Nov. 2019 12:30 14:00 04 223 Dr. Marion Plien
6 Di, 26. Nov. 2019 12:30 14:00 04 223 Dr. Marion Plien
7 Di, 3. Dez. 2019 12:30 14:00 04 223 Dr. Marion Plien
8 Di, 10. Dez. 2019 12:30 14:00 04 223 Dr. Marion Plien
9 Di, 17. Dez. 2019 12:30 14:00 04 223 Dr. Marion Plien
10 Di, 7. Jan. 2020 12:30 14:00 04 223 Dr. Marion Plien
11 Di, 14. Jan. 2020 12:30 14:00 04 223 Dr. Marion Plien
12 Di, 21. Jan. 2020 12:30 14:00 04 223 Dr. Marion Plien
13 Di, 28. Jan. 2020 12:30 14:00 04 223 Dr. Marion Plien
14 Di, 4. Feb. 2020 12:30 14:00 04 223 Dr. Marion Plien
Übersicht der Kurstermine
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
  • 6
  • 7
  • 8
  • 9
  • 10
  • 11
  • 12
  • 13
  • 14
Lehrende/r
Dr. Marion Plien