06.649.0510 S/VL/Ü KW/STW: (Text)Lesekompetenz für ÜbersetzerInnen

Veranstaltungsdetails

Lehrende/r: Prof. Dr. Hans Peter Hoffmann

Veranstaltungsart: online: Vorlesung/Seminar/Übung

Anzeige im Stundenplan: 06.649.0510

Semesterwochenstunden: 2

Credits: 3,0

Unterrichtssprache: Deutsch

Min. | Max. Teilnehmerzahl: - | 30

Voraussetzungen / Organisatorisches:
Bei allen übersetzungstheoretischen Ansätzen wird Textkompetenz vorausgesetzt, also die Fähigkeit, einen Text als Text aus verschiedenen texttheoretischen und interkulturellen Blickwinkeln heraus (close reading, immanent, strukturalistisch, poststrukturalistisch, soziologisch, psychologisch, historisch, um nur einige zu nennen) zu lesen, zu verstehen und schließlich zu übersetzen. Die Erfahrung zeigt, dass die dialektische Verbindung theoretischer Vorgaben mit der konkreten Textarbeit immer wieder große Schwierigkeiten bereitet. Das Seminar stellt deshalb die Dialektik von Texttheorie und praktischer Textarbeit und die Einübung entsprechender Lese- und Interpretationstechniken in den Mittelpunkt, um den Studierenden den Weg zu selbstständiger Text- und Übersetzungsarbeit zu erschließen. Hierbei geht es nicht um eine verkürzte Einführung in die Literaturwissenschaft, sondern vielmehr um die Frage nach dem nur scheinbar unproblematischen Verhältnis von Textkompetenz und Übersetzungsvorgang, dem Erfassen (inter)kultureller Besonderheiten und der fraglichen Sinn- und Statthaftigkeit erläuternder (kulturalistischer) Übersetzungen.

Das Seminar ist fächer- und sprachübergreifend und kann von MA-Studierenden aller Arbeitsbereiche besucht werden.

Anforderungen: Aktive Mitarbeit, Übernahme von Kurzreferaten, Arbeitspapieren, Übersetzungen. Arbeitstexte werden gestellt.

Inhalt:
Die Diskussion über das Übersetzen ist gekennzeichnet durch den seltsamen Widerspruch, dass theoretisch der Begriff der Äquivalenz immer mehr an Akzeptanz verliert, während bei Praktikern wie bei Kritikern im übersetzerischen Alltag der scheinbar obsolete Begriff nach wie vor im Zentrum steht.
In dieser Veranstaltung wollen wir innehalten, die bekannten Antworten verlassen und in der angemessenen Langsamkeit zu den Fragen zurückkehren, zu denen Studierende angesichts des Großangebots an Theorien und Theoremen oft gar nicht mehr finden, was ein grundlegendes, auch praktisches Problemverständnis erschwert – Fragen wie:
Wie kann man den Prozess, in dem das Wort der einen Sprache durch das Wort einer anderen Sprache ersetzt wird, verstehen?
Welche Rolle spielen dabei die Sammlungen scheinbarer Äquivalente, die Wörterbücher, die Glossare etc.?
In welchem Verhältnis steht dieser Vorgang mit der immer wieder, zu Recht, festgestellten Unvergleichlichkeit der Sprachen und der Unmöglichkeit der Übersetzung?
Was bedeutet in diesem Zusammenhang die Dialektik von Original und Übersetzung, wo uns erst das Vorhandensein einer Übersetzung (einer Fälschung bei der Malerei) von einem Original sprechen lässt?
Von hier aus stellt sich die Frage nach einbürgerndem und verfremdendem Übersetzen, letztlich der interkulturellen Frage nach dem Eigenen und Fremden, dem Eigenen des Fremden, dem Fremden des Eigenen und dem Fremden des Fremden usf. – und der jeweiligen Darstellbarkeit des einen im anderen.
Was also, um es in einem Wort zu sagen, ist das für ein Prozess, den wir alltäglich vollziehen und von dessen letztlicher Unmöglichkeit wir eigentlich überzeugt sind?
Hier bringen sich neue und alte Begriffe wie „Spiel“, „Spielregel“, "Temperierung", „Ähnlichkeit“ und „Gegen-über-setzung“ buchstäblich „ins Spiel“ und werden auf ihre Fruchtbarkeit für die Diskussion ebenso überprüft wie die Frage nach der Gestaltung von Ähnlichkeit und Differenz von Ausgangstext und Zieltext durch die Übersetzung.

Mit diesen und den hoffentlich zahlreichen Fragen der TeilnehmerInnen wird sich die in der Form offene Veranstaltung über Impulsvorträge von mir, Textauszüge, praktische Workshop-Übungen und das Plenum-Gespräch beschäftigen

Empfohlene Literatur:
Zum theoretischen Hintergrund von Texttheorien
Jurij Striedter, Russischer Formalismus, utb, Paderborn 1971.
Ulrich Halfmann: Der amerikanische „New Criticism.“ Athenaeum, Frankfurt am Main 1971.
Nils Brügger, Strukturalismus, utb Profile, Band 3162, Paderborn 2008.
Stefan Münker, Poststrukturalismus (Sammlung Metzler, Band 322), Stuttgart 2012.


Zu übersetzungstheoretischen Ansätzen (Kleine Auswahl)
Doris Bachmann-Medick, Cultural Turns – Neuorientierung in den Kulturwissenschaften, rororo, Hamburg 2006.
Ulrich Kautz, Handbuch Didaktik des Übersetzens und Dolmetschens, München 2000.
Werner Koller, Einführung in die Übersetzungswissenschaft, Tübingen/Basel, 1969.
Jiri Lèvy, Die Literarische Übersetzung – Theorie einer Kunstgattung, F/M 1969.
Ansgar Nünning (Hrsg.), Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie: Ansätze - Personen – Grundbegriffe, Metzler, Stuttgart 2013.
Radegundis Stolze, Übersetzungstheorien – Eine Einführung, Tübingen 2011.
Hans J. Vermeer (mit Katharina Reiß), Grundlegung einer allgemeinen Translationstheorie. Tübingen, Niemeyer 1984.


Zur Interpretation
Terry S. Eagleton, Einführung in die Literaturtheorie, Metzler, Stuttgart 1988.
Umberto Eco, Die Grenzen der Interpretation, dtv Verlagsgesellschaft, München 1999.
Hans Joachim Frank, Wie interpretiere ich ein Gedicht?, Ullstein, Berlin 2003.
Hans-Dieter Gelfert, Wie interpretiert man ein Gedicht?, Reclams Universal-Bibliothek Nr. 15018, 1990.
Hans-Dieter Gelfert, Wie interpretiert man einen Roman?, Reclams Universal-Bibliothek, Band 15031, 1993.
Hans-Dieter Gelfert, Wie interpretiert man eine Novelle und eine Kurzgeschichte?, (Reclams Universal-Bibliothek, Band 15030), 1999.
Jürgen Schutte, Einführung in die Literaturinterpretation, (Sammlung Metzler, Band 217), Stuttgart 2005.
Emil Staiger, Die Kunst der Interpretation – Studien zur deutschen Literaturgeschichte, München, Deutscher Taschenbuch Verlag (dtv) 1971.

Aufsätze
Peter Hoffmann, „Geständnis. Einige Bemerkungen zur Übersetzung moderner chinesischer Lyrik anhand von Beispielen aus den Werken von Wen Yiduo, Gu Cheng und Yang Lian“, in: Orientierungen 2/89, hg. von Wolfgang Kubin, S. 57–76.
Peter Hoffmann, „Über die Vergleichbarkeit chinesischer und deutscher Lyrik“, in: Jürgen Wertheimer, Susanne Göße (Hrsg.): Zeichen lesen Lese–Zeichen, Kultursemiotische Vergleiche von Leseweisen in Deutschland und China, Stauffenberg Verlag, Tübingen 1999, S. 321–334.
Peter Hoffmann, „Aus dem Alltag des Unmöglichen – Zu Theorie und Praxis des Übersetzens aus dem Chinesischen“, in: Buchta, Katrin / Guder, Andreas (Hrsg.), China.Literatur.Über-setzen. Beiträge eines Symposiums zu Ehren von Ulrich Kautz, Peter Lang, F/M 2006, S. 23-38.
Peter Hoffmann, „'Nah ist/ Und schwer zu fassen der Gott' – Einige Bemerkungen zu Liu Haomings Übersetzungen der späten Gedichte Hölderlins“, in: Arcadia, 2016; 51(1): 1–33.

Zusätzliche Informationen:
Keine Chinesischkenntnisse notwendig.

Termine
Datum Von Bis Raum Lehrende/r
1 Di, 3. Nov. 2020 11:20 12:50 Prof. Dr. Hans Peter Hoffmann
2 Di, 10. Nov. 2020 11:20 12:50 Prof. Dr. Hans Peter Hoffmann
3 Di, 17. Nov. 2020 11:20 12:50 Prof. Dr. Hans Peter Hoffmann
4 Di, 24. Nov. 2020 11:20 12:50 Prof. Dr. Hans Peter Hoffmann
5 Di, 1. Dez. 2020 11:20 12:50 Prof. Dr. Hans Peter Hoffmann
6 Di, 8. Dez. 2020 11:20 12:50 Prof. Dr. Hans Peter Hoffmann
7 Di, 15. Dez. 2020 11:20 12:50 Prof. Dr. Hans Peter Hoffmann
8 Di, 5. Jan. 2021 11:20 12:50 Prof. Dr. Hans Peter Hoffmann
9 Di, 12. Jan. 2021 11:20 12:50 Prof. Dr. Hans Peter Hoffmann
10 Di, 19. Jan. 2021 11:20 12:50 Prof. Dr. Hans Peter Hoffmann
11 Di, 26. Jan. 2021 11:20 12:50 Prof. Dr. Hans Peter Hoffmann
12 Di, 2. Feb. 2021 11:20 12:50 Prof. Dr. Hans Peter Hoffmann
13 Di, 9. Feb. 2021 11:20 12:50 Prof. Dr. Hans Peter Hoffmann
Übersicht der Kurstermine
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  • 9
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Lehrende/r
Prof. Dr. Hans Peter Hoffmann