00.Q+.860 Rechter, rechtsradikaler und rassistischer Terror in Deutschland

Veranstaltungsdetails

Lehrende/r: Ayse Gülec; Armin Kurtovic; Prof. Dr. Martin Rettenberger; Olivia Sarma; Univ-Prof. Dr. Tanjev Schultz

Veranstaltungsart: Kurs

Anzeige im Stundenplan: Rechter Terror

Credits: 2,0

Unterrichtssprache: Deutsch

Min. | Max. Teilnehmerzahl: - | 20

Voraussetzungen / Organisatorisches:
Teilnahmevoraussetzungen
Vorbereitende Lektüre.

Anforderungen
aktive Teilnahme an den Diskussionen, Vorbereiten und Mitbringen eines kurzen Papiers (1 Seite, max. 2 Seiten), mit Stichpunkten zu diesen beiden Leitfragen: Was spricht für eine (Mit-)Verantwortung oder sogar (Mit-) Schuld des Staates an den Verbrechen des NSU? Was spricht gegen eine (Mit-)Verantwortung oder sogar (Mit-)Schuld des Staates an den Verbrechen des NSU?
 

Inhalt:
Der NSU-Komplex ist ein beschämendes Lehrstück für das Unvermögen der Bundesrepublik, den rechten Terror und rechtsradikalen Terrorismus zu eliminieren. Jahrelang lebten Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe im „Untergrund“. Jahrelang raubte und tötete der NSU, ohne gestoppt zu werden. Auch später noch wirk(t)en die Behörden ahnungslos, welchen Terror Neonazis in Deutschland verüben konnten und immer noch können. Wie war und ist das möglich? Diese Frage bleibt brisant – und stellt sich immer wieder neu: Nach dem Mord an Walter Lübcke, nach den Anschlägen in Halle und Hanau und vielen weiteren Angriffen von Rechtsextremisten. Hunderttausende Akten, mehr als 400 Prozesstage und zahlreiche Untersuchungsausschüsse: Die Aufklärung des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) und seiner Verbrechen ist mühsam und aufwendig. Noch immer sind bohrende Fragen nicht beantwortet. Viele Angehörige der Opfer sind enttäuscht vom NSU-Prozess in München und beklagen, die Politik habe ihr Versprechen einer rückhaltlosen Aufklärung gebrochen. Sie wollen nicht nur wissen, welche Rolle Beate Zschäpe spielte. Sie fragen nach Helfer:innen und Mittäter:innen und der Verantwortung und Schuld von Behörden, insbesondere von Polizei und Geheimdiensten, auch vor dem Hintergrund neuer Morde rechter, rechtsradikaler und rassistischer Attentäter. Der zweiteilige Q+Workshop vergegenwärtigt im ersten Teil die Umrisse des komplizierten Falles des NSU und skizziert das Gefüge des Sicherheitsapparats in Deutschland. Im zweiten Teil des Workshops werden diese Erkenntnisse erweitert, ergänzt und in eine Kontinuität des gestern und heute in Deutschland gestellt. Am Beispiel der Morde von Hanau wird zudem ein kritisch-reflektierender Blick auf die aktuelle Gefahrenlage in der Bundesrepublik geworfen. Mit dem Vater eines in Hanau Ermordeten wird dabei auch ein sehr persönlicher Blick auf die Auswirkungen auf das private Umfeld eines Opfers geworfen. Das zweiteilige Workshopformat ist offen und flexibel genug für Abweichungen, um auf die Interessen der teilnehmenden Studierenden eingehen zu können.

Workshop I am Montag, 08. November 2021: 10 Jahre Enttarnung des NSU – Rechter Terrorismus in Deutschland

10 – 12 h Tanjev Schultz

12 – 13 h Pause

13 – 15 h Studentische Präsentationen, Planspiel o.ä.

15 – 15.30 Pause

15.30 – 18 h  Ayse Güleç

 Workshop II am Freitag, 12. November 2021: Aktuelle rechte und rassistische Strukturen und die Morde von Hanau

10 – 12 h Martin Rettenberger

12 – 13 h Pause

13 – 15 h Studentische Präsentationen, Planspiel o.ä.

15 – 15.30 Pause

15.30 – 18 h  Gespräch mit Armin Kurtovic, Moderation: Olivia Sarma

Lernziele
Verständnis für zentrale Fakten und Zusammenhänge des NSU-Komplexes und des NSU-Prozesses. Einblicke in die Architektur und Arbeitsweise der Sicherheitsbehörden und der Justiz in der Bundesrepublik. Einordnen des NSU in den größeren Kontext des Rechtsextremismus und Rechtsterrorismus, z.B. u.a. auch im Zusammenhang mit den Morden von Hanau 2020. Reflexion der Rolle des Staates im „Kampf“ gegen rechten Terrorismus und der Position der Betroffenen (Opfer und ihre Angehörigen).
 

Empfohlene Literatur:
- Tanjev Schultz: NSU – Der Terror von rechts und das Versagen des Staates. München: Droemer 2018, S. 9-60 und S. 183-225
- Plädoyers aus dem NSU-Prozess, Tage 375-395, dokumentiert in: Annette Ramelsberger, Wiebke Ramm, Tanjev Schultz, Rainer Stadler: Der NSU-Prozess. Das Protokoll. Band 2, S. 1509-1617 in einer Ausgabe der Bundeszentrale für politische Bildung (https://www.bpb.de/shop/buecher/schriftenreihe/293325/der-nsu-prozess-das-protokoll)
- Kristin Pietrzyk & Alexander Hoffmann: Die Rolle von Generalbundesanwalt und Nebenklage in exemplarischen Rechtsterror-Verfahren. In: Kritische Justiz, 53 (3), 2020, S. 311-327
- Wilhelm Heitmeyer, Manuela Freiheit, Peter Sitzer: Das rechte Eskalationskontinuum. In: Tanjev Schultz (Hrsg.), Auf dem rechten Auge blind? Rechtsextremismus in Deutschland. Stuttgart: Kohlhammer 2021, S. 75-93
 

Zusätzliche Informationen:
Lehrende
Ayse Güleç ist Pädagogin, Autorin und forschende Aktivistin an den Schnittstellen Anti-Rassismus, Migration, Kunst und Kunstvermittlung. Aktuell ist Güleç Teil des Artistic Teams der documenta 15 wie zuvor bereits für die documenta 12, 13 und 14. Von 2018 – 2019 leitete sie die Kunstvermittlung im Museum für Moderne Kunst in Frankfurt am Main. Sie war aktiv in der kollektiven Bewegung NSU-Komplex auflösen und war an der Vorbereitung und Koordinierung des Tribunals NSU-Komplex auflösen beteiligt, dass im Mai 2017 in Köln stattfand. Von 1998 – 2016 leitete sie im Kulturzentrum Schlachthof Kassel die Entwicklung, Leitung und Durchführung von (inter-)kulturellen-ästhetischen Aktivitäten, Bildungsangeboten und europäische Vernetzungsarbeit.

Armin Kurtovic, Vater des beim rechtsextremen und rassistischen Anschlags in Hanau am 19. Februar 2020 ermordeten Hamza Kurtovic.

Martin Rettenberger, Direktor der Kriminologischen Zentralstelle des Bundes und der Länder/Wiesbaden; Psychologe (Dipl.-Psych.), Kriminologe (M.A.) Fachpsychologe für Rechtspsychologie (BDP/DGPs). Martin Rettenberger hat Psychologie, Kriminologie und Rechtspsychologie studiert, 2017 wurde er an der JGU Mainz habilitiert und 2019 dort zum außerplanmäßigen Professor ernannt. Er erhielt mehrere Preise, u.a. den „Mid Career Award“ der European Association of Psychology and Law (EAPL). Seit 2016 ist er Generalsekretär der International Association for the Treatment of Sexual Offenders (IATSO) und Mitherausgeber Open Science Zeitschrift „Sexual Offending: Theories, Research, and Prevention“ (SOTRAP).

Olivia Sarma studierte Kulturanthropologie, Romanistik und Kunstpädagogik an der Goethe Universität in Frankfurt am Main und an der Sapienza Università di Roma. Von 2009 bis 2015 arbeitete sie als freie Trainerin und Referentin zu den Themen Rassismus, Diskriminierung und Empowerment sowie als Bildungsreferentin für Freiwilligendienste. Im Jahr 2013 absolvierte sie die Weiterbildung zur Trainerin und Beraterin mit Schwerpunkt auf Migration und Diskriminierung, vier Jahre später die Weiterbildung zur systemischen Beraterin. Von 2015 bis 2020 leitete sie die Beratungsstelle response für Betroffene von rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt in der Bildungsstätte Anne Frank. Seit Oktober 2020 ist sie bei der Crespo Foundation für das Projekt SABA – Bildungsstipendien für Migrantinnen zuständig.

Tanjev Schultz ist Professor für Journalismus an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Er war zuvor Redakteur der „Süddeutschen Zeitung“ und berichtete u.a. über Innere Sicherheit und Geheimdienste, über den NSU-Prozess und die NSU-Untersuchungsausschüsse. Schultz ist promovierter Politikwissenschaftler (Uni Bremen), seine Studienabschlüsse hat er in Philosophie, Psychologie und Literaturwissenschaft (Magister) sowie im Fach Journalismus (Master) erworben. Er ist Mitherausgeber der „NSU-Protokolle“, die auf den Aufzeichnungen eines Reporterteams der SZ beruhen. Seine Arbeiten wurden mehrfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Nannen-Preis, dem Goethe-Medienpreis und dem Universitas-Preis für Wissenschaftsjournalismus.
 

Termine
Datum Von Bis Raum Lehrende/r
1 Mo, 8. Nov. 2021 10:00 18:00 R 03-812 Philo I Ayse Gülec; Armin Kurtovic; Prof. Dr. Martin Rettenberger; Olivia Sarma; Univ-Prof. Dr. Tanjev Schultz
2 Fr, 12. Nov. 2021 10:00 18:00 R 03-812 Philo I Ayse Gülec; Armin Kurtovic; Prof. Dr. Martin Rettenberger; Olivia Sarma; Univ-Prof. Dr. Tanjev Schultz
Veranstaltungseigene Prüfungen
Beschreibung Datum Lehrende/r Pflicht
1. Teilnahme k.Terminbuchung Ja
Übersicht der Kurstermine
  • 1
  • 2
Lehrende/r
Prof. Dr. Martin Rettenberger
Univ-Prof. Dr. Tanjev Schultz
Ayse Gülec
Armin Kurtovic
Olivia Sarma