Lehrende/r: Prof. Dr. Frank Zipfel
Veranstaltungsart: Hauptseminar
Anzeige im Stundenplan: Kanon und Wertung de
Semesterwochenstunden: 2
Unterrichtssprache: Deutsch
Min. | Max. Teilnehmerzahl: - | -
Inhalt: Literarische Kanones sind in seit langem höchst umstritten. Gleichzeitig scheinen weder der globalisierte Literaturbetrieb noch die zeitgenössische Literaturwissenschaft ohne sie auszukommen. Die Skeptiker sehen im Kanon vor allem ein Instrument zur Stabilisierung der Macht (politisch, gesellschaftlich oder kulturell) herrschender Gruppen und zur Marginalisierung der Nicht-Privilegierten. Die Verfechter sehen Kanones als notwendig für die Orientierung von Leser:innen gerade in unserem pluralistischen, durch Globalisierung und Digitalisierung geprägten Zeitalter. Kanones stehen zudem, besonders wenn sie nicht nur nationale, sondern weltliterarischer Geltung haben sollen, unter einem doppelten, historischen und geosoziologischen Paradox: sie sollen Werke mit überzeitlicher Geltung beinhalten, sind aber selbst historisch gebunden, wie die De- und Rekanonisierungsprozesse zeigen; sie sollen transnational gültige Werke umfassen, sind jedoch immer aus einer bestimmten sozialgeographischen Position heraus formuliert. Die Grundlage eines jeden Kanons sind literarische Wertungen, die mindestens ebenso umstritten sind wie die Kanones selbst, besonders wenn sie transnationale Gültigkeit beanspruchen. Die Analyse von Kriterien und Voraussetzungen ästhetischer Wertung führt schnell zu grundlegenden Fragestellungen nach Wesen und Funktionen von Literatur und Kunst ganz allgemein. Im Seminar werden zuerst aktuelle Theorien der Kanonisierung und Wertung von Literatur analysiert und diskutiert (allgemein, gattungsbezogen, aber auch im transmedialen Vergleich mit Wertungsdiskursen in anderen Künsten wie z. B. Filmen oder Musik). In einem zweiten Teil geht es um die direkte Auseinandersetzung mit Kanonbildung und Wertungen (z. B. Analyse vorhandener Kanones, Diskussion von Wertungen u.a. in Rezensionen oder bei Preisverleihungen, Erstellung eines eigenen Kanons, wertungsbezogene Diskussion von Werken nach Vorschlägen der Studierenden).
Empfohlene Literatur: Zur ersten Orientierung: Rippl, Gabriele/Winko, Simoen (Hg.): Handbuch Kanon und Wertung. Theorien, Instanzen, Geschichte. Stuttgart u.a 2013.