00.Q+.890 Wald in Not - Klimageschichte, Klimawandel und Auswirkungen der aktuellen Entwicklungen auf unsere Wälder

Veranstaltungsdetails

Lehrende/r: Volker Diefenbach; Dr. rer. nat. Claudia Hartl; Matthias Kirchner; Dr. Michael Weber; Andreas Wennemann

Veranstaltungsart: Kurs

Anzeige im Stundenplan: Wald in Not

Credits: 2,0

Unterrichtssprache: Deutsch

Min. | Max. Teilnehmerzahl: - | 22

Voraussetzungen / Organisatorisches:
Teilnahmevoraussetzungen
Lektüre der rechtzeitig zur Verfügung gestellten Literatur.

Anforderungen
Aktive Teilnahme und Diskussionsbereitschaft. Übernahme kurzer Präsentationen (5 – 7 min) der Teilnehmer*innen in Kleingruppen.

Für die Exkursion in den Wald: Wetterfeste, warme Kleidung, Wanderschuhe (möglichst mit Nässeschutz), ggf. Handschuhe, Mütze, Arbeitshandschuhe für Pflanzarbeiten, Verpflegung für den Tag aus dem Rucksack. Es gibt keine Toiletten!
 

Inhalt:
Veränderungen des Klimas kennzeichnen die Geschichte unserer Erde seit Jahrmillionen. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts allerdings hat sich die globale Temperatur um fast ein Grad erhöht und bedingt eine klimatische Veränderung, die sich von vergangenen Klimawandeln substanziell unterscheidet.
Wissenschaftler:innen gehen davon aus, dass die anhaltende und schnell anwachsende Temperaturerhöhung vorwiegend Folge menschlicher Aktivitäten ist. Diese Erderwärmung bzw. der Klimawandel haben inzwischen spürbare Folgen für Menschen und Natur. Während beispielweise in einigen Gebieten Überschwemmungen und intensive Regenfälle zunehmen, haben andere Regionen mit geringen Niederschlagsmengen bzw. langanhaltenden Dürreperioden, Hitzewellen und mit zunehmender Versteppung der Landschaft zu kämpfen.
Auch Deutschland leidet die Natur inzwischen massiv unter der Trockenheit. Insbesondere der Wald, der in Deutschland ca. 11,1 Millionen Hektar und etwa 32 Prozent der Landfläche umfasst, leidet. Teile unsere Wälder, insbesondere die Fichtenwälder, sterben an den Auswirkungen der viel zu trockenen Sommer 2003, 2018 -2020, die die heißesten waren seit dem Beginn der Messungen 1881.
In diesem zweiteiligen Q+Workshop setzen wir uns mit dem Phänomen des Klimawandelns aus geowissenschaftlicher, geografischer und klimatologischer Sicht auseinander.

Der erste Teil des Workshops am Mittwoch, 27.10.2021, ordnet die aktuellen Veränderungen in eine geowissenschaftlich-historische Perspektive ein und zeigt auf, wie an jedem einzelnen Baum unserer Wälder die klimatischen Konsequenzen sichtbar sind:
Der Vormittag des 27.10.21 soll einen Einblick in die Klimageschichte der Erde geben. Dabei wird aufgezeigt, wie sich verschiedene Klimaparameter (z.B. Temperatur und CO2-Gehalt der Atmosphäre) im Laufe der Erdgeschichte verändert haben und wie dies auf das heutige Klima übertragbar ist. Mit Hilfe von Klimaarchiven (z.B. Sedimentbohrkernen, Eisbohrkernen, Baumringen und Tropfsteinen) ist es Forscher:innen heute möglich das Klima der Vergangenheit zu rekonstruieren. Dabei gab es in der geologischen Vergangenheit eine Vielzahl von Klimaveränderungen auf verschiedenen Zeitskalen, von wenigen Jahrzehnten bis mehreren Millionen Jahren. Die Veranstaltung soll dabei exemplarisch einige Beispiele vorstellen und dabei helfen, die heutige Klimaentwicklung im geologischen Kontext besser einschätzen zu können. Ein besonderes Augenmerk soll dabei auf dem Klima der letzten ca. 600,000 Jahren liegen.

Am Nachmittag des 27.10.2021 liegt der Fokus auf Bäumen, genauer auf den Jahrringen der Bäume. Mittels der Dendrochronologie (griech. déndron „Baum“, chrónos „Zeit“, lógos „Wissenschaft“) kann einerseits das Klima der Vergangenheit rekonstruiert werden. Andererseits reflektieren Jahrringe die Vitalität eines Baumes und können somit zur Abschätzung der Sensitivität bzw. Toleranz von Baumarten auf Klimaänderungen, auch in retrospektiver Hinsicht, genutzt werden. Nach der Einführung in die Dendrochronologie werden Sie in dem Seminar das Ökosystem Wald und dessen Funktionen näher kennenlernen. Der Fokus liegt auf den temperierten Wäldern Deutschlands und den Herausforderungen, welche diese durch erhöhte Temperaturen und zunehmender Trockenheit gegenüberstehen. Die extrem heißen und trockenen Sommer 2018, 2019 und 2020 hatten teilweise gravierende Auswirkungen auf die Wälder Deutschlands wodurch zahlreiche Buchen und Kiefern vertrockneten und andere geschwächte Nadelbaumarten von Borkenkäfern befallen wurden. Wie Wälder im Kontext des prognostizierten Klimawandels auf die veränderten Bedingungen letztendlich reagieren, hängt jedoch von vielen lokalen Begebenheiten ab, wo es im Detail jedoch noch Forschung bedarf.

Im Rahmen einer ganztägigen Exkursion am Freitag, 29.10.2021, fahren wir mit einem Busunternehmen zum ehemaligen römischen Garnisonsort „Kastell Zugmantel“, der inmitten des Naturparks Rhein-Taunus liegt, begleitet vom Geschäftsführer des Naturparks Rhein-Taunus.  Wir besuchen einen Revierförster und durchforsten mit ihm den Wald, sichten toten Waldbestand und Wiederaufforstungsmaßnahmen und pflanzen gemeinsam neue Baumsetzlinge. Mit dem Bürgermeister der Gemeinde Heidenrod diskutieren wir die Maßnahmen, die waldbesitzende Gemeinden unternehmen (müssen), um den Waldbestand zu erhalten. Nach einem weiteren Waldspaziergang mit Walk & Talk kehren wir gegen 18.00 h über Wiesbaden wieder nach Mainz zurück.

Workshopteil I am Mittwoch 27. Oktober 2021, 10:15 bis ca. 18:00 Uhr

10.15 h – 13.30 h Der aktuelle Klimawandel aus geowissenschaftlicher Perspektive – Ein Einblick in die Klimaereignisse der Erdgeschichte
Referent: Dr. Michael Weber

13.30 h – 14.30 h Pause

14.30 h – ca. 18.00 h Wälder im Klimawandel – Eine dendrochronologische Perspektive
Referentin: Dr. Claudia Hartl

Workshopteil II /Exkursion am Freitag, 29. Oktober 2021, 08.30 h bis ca. 18.00 h

Abfahrt 08.30 h am HBF Mainz mit  Busunternehmen Engelhardt
Stopp um ca. 08.50 h am HBF Wiesbaden

09:00 - 12:30 Uhr Waldflächen, Exkursion am „Kastell Zugmantel“, Pflanzaktion
Betreuung: Matthias Kirchner, Revierförster, Forstwirt

12:30 -13:15 Uhr Fahrt nach Heidenrod – Brotzeit im Bus

13:30 – 15:00 Uhr Die Gemeindepolitik in Heidenrod – Forst und Wald – Eigentum, Finanzen und Politik
Referent: Bürgermeister Volker Diefenbach, Forstwirt

Je nach Wetterlage weiterer Waldspaziergang bis Dämmerung mit Walk & Talk
Betreuung: Andreas Wennemann, Geschäftsführer des Naturparks Rhein-Taunus, Forstwirt

Rückfahrt über Wiesbaden nach Mainz.


Lernziele
Verständnis der Zusammenhänge im System Erde und Klima; Natürliche und anthropogene Einflüsse auf das Klima; Auswirkungen des aktuellen Klimawandels auf die Wälder. Verständnis für die Herausforderungen für die Forstwirtschaft.

 

Zusätzliche Informationen:
Lehrende

Volker Diefenbach, Bürgermeister der Gemeinde Heidenrod
Volker Diefenbach hat nach einer Waldarbeitslehre und dem Abitur auf dem zweiten Bildungsweg in Göttingen Forstwirtschaft studiert und war in der hessischen Landesforstverwaltung tätig. Dort war er unter anderem  18 Jahre Revierleiter im Forstamt Bad Schwalbach im Gemeindewald Heidenrod, als aktiver Betrieb in der naturgemäßen Waldwirtschaft.  Seit 2014 ist er der Bürgermeister der Gemeinde Heidenrod  und in Personalunion der Leiter des 4650 ha großen Gemeindeforstbetriebs. Seit 2010 engagiert er sich im Bundesvorstand FSC Deutschland (Forest Stewardship Council), als langjähriger Personalrat und Gewerkschaftsvertreter und ist zudem seit 1988 aktiver Jäger.
 
Claudia Hartl studierte Diplom Geographie an der Universität Regensburg und promovierte im Anschluss an der Technischen Universität München. Im Rahmen ihrer Doktorarbeit nutze sie die Dendrochronologie um die Reaktion der wichtigsten Bergwaldbaumarten der Nördlichen Kalkalpen auf Klimaänderungen zu untersuchen. In ihrer Postdoc-Phase an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz nutzte sie die Dendrochronologie für verschiedenste historische, klimatologische und ökologische Forschungsfragstellungen auf unterschiedlichen raum-zeitlichen Skalen. Dies beinhaltet beispielsweise die Schädigung der Wälder Nordnorwegens durch die Präsenz eines Schlachtschiffs der deutschen Kriegsmarine im zweiten Weltkrieg, die Rekonstruktion des Klimas in Mitteleuropa über die letzten 1000 Jahre, sowie die Auswirkungen der extremen Trockenheit seit 2018 auf die lokalen Wälder, die zum zahlreichen Absterben von Bäumen führte.

Matthias Kirchner ist Revierförster in Zugmantel und beschäftigt am Forstamt Wiesbaden-Chausseehaus. Nach seinem Abitur studierte er Forstwirtschaft in Weihenstephan und Göttingen. 1992 wurde er der Leiter der Revierförsterei Idstein, 1999 Leiter des Reviers Eppstein und seit 2005 Leiter des Reviers Zugmantel. Seit 2004 ist er ausbildender Revierleiter für das Berufsbild gehobener Forstdienst. Matthias Kirchner ist langjähriges Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft Naturgemäße Forstwirtschaft.

Dr. Michael Weber studierte Geowissenschaften in Mainz und promovierte innerhalb des Max Planck Graduate Centers in der Geologie mit Schwerpunkten in der terrestrischen Paläoklimaforschung und der Isotopengeochemie. Während der Doktorarbeit wurden in erster Linie Speläotheme (Tropfsteine/Höhlensinter, z.B. Stalagmiten) als Klimaarchive genutzt. Ein Forschungsschwerpunkt war dabei die Klimavariabilität in Zentraleuropa während des Marinen Isotopenstadiums 3 (vor ca. 60,000 bis 30,000 Jahren), einer Zeit in der es eine Vielzahl von Klimaveränderungen, oftmals innerhalb weniger Jahrzehnte, gab. Seine Forschungsergebnisse wurden von der International Association of Geoanalysts (IAG) mit dem Young Scientist Award 2020 gewürdigt. Aktuell liegt sein Forschungsschwerpunkt an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz in der Anwendung von geochemischen Analysemethoden zur Nahrungsrekonstruktion von Wirbeltieren.

Andreas Wennemann studierte Forstwirtschaft an der Fachhochschule Hildesheim-Holzminden. Seit 1989 ist er im aktiven Forstdienst im Landesbetrieb Hessen Forst tätig und engagierte sich 20 Jahre lang für die nachhaltige Bewirtschaftung kommunaler Forstbetriebe im Taunus. 2009 wurde er abgeordnet als Geschäftführer des Naturparks Rhein-Taunus. Parallel dazu arbeitete er vier Jahre lang als forstlicher Bioenergieberater sowie für weitere zwei Jahre als Funktionsbeamter Naturschutz in der Natura2000-Maßnahmenplanung. Er hat seit Jahrzehnten diverse zusätzliche ehrenamtliche Aufgaben und Funktionen inne, derzeit ist er u.a. im Vorstand des Verbands Deutscher Naturparks.
 

Termine
Datum Von Bis Raum Lehrende/r
1 Mi, 27. Okt. 2021 10:00 18:00 Fakultätssaal Philosophicum Volker Diefenbach; Dr. rer. nat. Claudia Hartl; Matthias Kirchner; Dr. Michael Weber; Andreas Wennemann
2 Fr, 29. Okt. 2021 08:30 18:00 Exkursion Volker Diefenbach; Dr. rer. nat. Claudia Hartl; Matthias Kirchner; Dr. Michael Weber; Andreas Wennemann
Veranstaltungseigene Prüfungen
Beschreibung Datum Lehrende/r Pflicht
1. Teilnahme k.Terminbuchung Ja
Übersicht der Kurstermine
  • 1
  • 2
Lehrende/r
Dr. rer. nat. Claudia Hartl
Volker Diefenbach
Dr. Michael Weber
Matthias Kirchner
Andreas Wennemann