Lehrende/r: Univ.-Prof. Dr. Matthias Müller
Veranstaltungsart: Seminar
Anzeige im Stundenplan: Seminar I
Semesterwochenstunden: 2
Credits: 6,0
Unterrichtssprache: Deutsch
Min. | Max. Teilnehmerzahl: 3 | 7
Kontingentschema: Studierende Studienbeginn SS22
Inhalt: Kaum ein Thema ist in der Kunstgeschichte so häufig verbildlicht worden wie der „Sündenfall“ Adams und Evas im Paradies. Von der frühchristlichen Antike über das Mittelalter bis in die Neuzeit und die Moderne spannt sich zu diesem Thema ein schier unerschöpflicher Bilderbogen. Das Seminar möchte sich auf eine der kunst- und kulturhistorisch bedeutendsten Phasen der bildlichen Interpretation des „Sündenfalls“ konzentrieren: das späte Mittelalter und die beginnende Frühe Neuzeit, als im Kontext von Humanismus und Reformation vor allem Albrecht Dürer, Lucas Cranach und Hans Baldung Grien für kirchliche wie weltliche Auftraggeber eine sowohl künstlerische als auch inhaltliche Neudeutung bzw. Kommentierung des Sündenfalls vornahmen. Den Anfang machte dabei Albrecht Dürer. Mit seinem berühmten und vielfach abgedruckten Kupferstichblatt von 1504 und seinen beiden im Prado aufbewahrten Gemäldetafeln von Adam und Eva von 1507 schuf er Inkunabeln der Sündenfalldarstellung, die bis weit in die Neuzeit hinein zum Vorbild oder zum Anlass für Varianten und Paraphrasen genommen wurden. Interessant sind vor allem die Reaktionen von Hans Baldung Grien, einem Mitarbeiter Dürers, und Lucas Cranachs d. Ä., der damals bereits als Hofkünstler am kursächsischen Fürstenhof in Wittenberg arbeitete. Sie thematisieren die Gesetzesübertretung als Akt des sexuellen Begehrens und der sexuellen Verführung und damit als Ereignis sexueller Grenzüberschreitung. Inwieweit diese Akzentverschiebung mit den Interessen humanistisch gebildeter und höfisch geprägter Auftraggeber und Rezipienten zu tun hat und das Sujet des Sündenfalls dabei zugleich zu einem höfischen ‚Kunstkammerstück‘ weiterentwickelt wurde, ist eine spannende Frage, die im Seminar diskutiert werden soll.