Lehrende/r: Dr. Nico Sonntag
Veranstaltungsart: Seminar
Anzeige im Stundenplan: S Soz Theor FG
Credits: 7,0
Unterrichtssprache: Deutsch
Min. | Max. Teilnehmerzahl: - | 30
Voraussetzungen / Organisatorisches: Zielgruppe:
Inhalt: Institutionen, soziale Strukturen und gesellschaftlicher Wandel sind in den Worten des schottischen Philosophen Adam Ferguson "the result of human action, but not the execution of any human design". In der Soziologie wurde die verwandte Idee unerwarteter Folgen absichtsvollen Handeln insbesondere von Robert Merton popularisiert. Menschen handeln, um bestimmte Ziele zu erreichen, doch welche kollektiven Konsequenzen das Zusammenwirken vieler Einzelhandlungen hat, ist für die Individuen selbst oftmals nicht vorherzusehen. Einzelhandlungen erzeugen durch ihr Zusammenspiel stabile Regelmäßigkeiten, gesellschaftliche Gleichgewichte und Strukturen, obwohl solche dauerhaften Gebilde gar nicht das Ziel der Handelnden waren. In anderen Situationen wollen Menschen ihre gewohnte Lebenswelt stabilisieren, erzeugen aber ungewollten Wandel. Für die Soziologie ergeben sich daraus interessante Fragestellungen: Zum einen die theoretische Rekonstruktion solcher Prozesse mittels möglich einfacher Modelle, zum anderen die Bedeutung für die bewusste Selbststeuerung der Gesellschaft. Potentielle unerwartete Nebenfolgen von politischen Maßnahmen müssen immer mitbedacht werden und setzen erhofften Gestaltungsmöglichkeiten praktische Grenzen. Die Seminarliteratur verbindet Theorien mit deren empirischer Anwendung und Überprüfung. Überdies soll im Rahmen des Seminars eine kurze Einführung in agentenbasierte Modellierung (agent based modelling; ABM) gegeben werden. Inhaltlich illustriert das Seminar das Problem anhand verschiedener Themen wie der Entstehung neuer Normen oder dem Wachstum von Städten. Stadtsoziologische Anwendungen bilden im zweiten Teil einen Schwerpunkt. Behandelt werden beispielsweise die Ursachen der räumlichen Segregation von ethnischen Minderheiten. Im Lichte von Theorien und empirischen Studien werden gleichzeitig Fragen der Stadtplanung behandelt, z.B. ob es möglich ist, den Aufbau und die Bevölkerungsdichte einer Stadt zu steuern, oder ob solche planerischen Eingriffe auch wenig wünschenswerte Nebenfolgen zeitigen.
Empfohlene Literatur: Bertaud, A. (2018): Order without Design. How Markets Shape Cities. MIT Press. Hayek, F. A. (1945). The Use of Knowledge in Society. The American Economic Review, 35(4), 519–530. Merton, R. K. (1936). The Unanticipated Consequences of Purposive Social Action. American Sociological Review, 1(6). Müller-Benedict, V. (2000). Selbstorganisation in sozialen Systemen: Erkennung, Modelle und Beispiele nichtlinearer Dynamik. Leske + Budrich. Scott, J. C. (1998). Seeing Like a State: How Certain Schemes to Improve the Human Condition Have Failed. Yale University Press. Smaldino, P. E. (2023): Modeling Social Behavior: Mathematical and Agent-Based Models of Social Dynamics and Cultural Evolution. Princeton University Press.
Zusätzliche Informationen: Weitere Informationen zur Anfertigung einer Hausarbeit finden Sie hier: https://www.soziologie.uni-mainz.de/files/2020/08/Handreichung-zur-Anfertigung-von-Hausarbeiten.pdf
