05.127.075 (PS) Philosophische Implikationen der aktuellen Verhaltensbiologie

Veranstaltungsdetails

Lehrende/r: Dr. Ulrich Leinhos-Heinke

Veranstaltungsart: Proseminar

Anzeige im Stundenplan: PS Verhaltensbiol.

Semesterwochenstunden: 2

Unterrichtssprache: Deutsch

Min. | Max. Teilnehmerzahl: 5 | 84

Voraussetzungen / Organisatorisches:

Eine gründliche Vorbereitung jeder Sitzung durch intensives Studium der für jede Seminarsitzung VERPFLICHTENDEN Lektüre (ZEITAUFWAND: mind. ca. 3 h pro Woche) durch ALLE Seminarteilnehmerinnen und -teilnehmer wird vorausgesetzt.

Dazu gehört auch der REGELMÄSSIGE Abruf (mind. 1 x pro Woche!) aktueller Informationen und Materialien in "JoGuSTIne" und "ReaderPlus":

Das Material zur VERPFLICHTENDEN Lektüre zu den einzelnen Sitzungen sowie ergänzende Materialien werden so früh wie möglich in digitaler Form zum Download im "ReaderPlus" der Universität Mainz bereitgestellt;
- www.zdv.uni-mainz.de/readerplus/
- Veranstaltungsnummer: 10547
- Kennwort: VerHaltensBioLogie (auf Großbuchstaben achten!).

Notwendig ist außerdem die Bereitschaft, einzelne Originalveröffentlichungen auch in ENGLISCHER Sprache zu lesen.

Inhalt:

Die moderne Verhaltensbiologie, besonders die Vergleichende Verhaltensbiologie der höheren Wirbeltiere (Vögel, Säugetiere, speziell Primaten) hat weitreichende Implikationen für das Menschen- und Gesellschaftsbild. Betroffen sind vor allem die in der aktuellen Verhaltensbiologie im Zentrum stehenden Beobachtungsbereiche Werkzeuggebrauch / Intelligenz, Kommunikation / Sozialität / Altruismus und Selbsterkennung / Bewusstsein / Selbstbewusstsein, die ihrerseits untereinander eng verknüpft sind, aber auch für die Humanpsychologie eine große Bedeutung haben.

Mit der Verhaltensbiologie eng verbunden ist wiederum die Evolutionsbiologie, da diese davon ausgeht, dass auch Verhaltenskomponenten bei Tieren und Menschen der biologischen Evolution im Sinne Darwins unterliegen (“Verhaltensgenetik”) und sich dies in der Evolution der Primaten bis hin zum Menschen zumindest teilweise nachvollziehen lässt.

Philosophische und anthropologische Fragestellungen kommen nicht umhin, diese verhaltensbiologischen Befunde und Theorien kritisch zu rezipieren, um sie einerseits auf ihre Aussagekraft für philosophische Konzepte (z.B. "Geist", "Subjekt") hin zu überprüfen, andererseits wiederum die Erkenntnisprozesse und Prämissen der Verhaltensbiologie selbst der Kritik zu unterziehen.

Das Seminar soll hierfür Grundlagen liefern, indem es einige aktuelle Befunde der Vergleichenden Verhaltensbiologie kritisch diskutiert und auf ihre Aussagekraft jenseits populärwissenschaftlich trivialisierender Interpretationen überprüft. Dadurch sollen die Studierenden die Kompetenz erwerben, naturwissenschaftliche Veröffentlichungen in ihrer Aussagekraft für philosophische Fragestellungen zu verstehen, aber auch deren Grenzen zu erkennen, indem sie lernen

a) begriffsanalytisch Anthropozentrismen und Anthropomorphismen in der Deutung verhaltensbiologischer Befunde zu durchschauen,

b) proximate "naturalistisch-reduktionistische" Ursachen von Verhalten von teleologischen "Erklärungen" für Verhalten (in der Tradition einer Naturteleologie bei Aristoteles, Leibniz, Locke; in Abgrenzung zu einem nicht-teleologischen Naturverständnis bei Descartes, Hobbes, auch Spinoza) zu unterscheiden und dabei die heuristische Funktion von "teleonomischen" Begründungen durch die in der modernen Verhaltensbiologie so bezeichneten "ultimaten Funktionen von Verhalten" (auch in der Tradition von Kants "Kritik der teleologischen Urteilskraft") zu verstehen, und

c) auf dieser begrifflichen Grundlage aktuelle "Biologismen" in der öffentlichen Diskussion kritisch zu überprüfen.

Zur Ergänzung werden auch einige biologie- und philosophiehistorische Aspekte aus dem 20. Jh. wie der eher reduktionistische "Behaviorismus"- und der eher anthropomorphe "Tierpsychologie"-Begriff sowie die umwelttheoretische Verhaltenskonzeption Jakob von Uexkülls sowie die Ansätze einer philosophischen Anthropologie bei Plessner oder Gehlen kritisch einbezogen.

Das Proseminar will insgesamt einführend zur analytischen Begriffsklärung beitragen und stellt hierzu exemplarisch ausgewählte wissenschaftliche Begriffe und Positionen der Verhaltensbiologie und der Philosophie, aber auch der Psychologie einander gegenüber. Dadurch werden auf der Metaebene am Beispiel dieses auch aus ethischer Sicht hochaktuellen Themenfeldes die unterschiedlichen Wege der Erkenntnisgewinnung und Begriffsbildung durch phänomenologische, hermeneutische und naturwissenschaftlich-induktive Methoden verdeutlicht. Das Seminar versucht dabei immer, durch seinen kontrastiven Aufbau die Probleme und Chancen des interdisziplinären Diskurses zwischen Geistes- und Naturwissenschaften im Bereich einer "Biophilosophie" auszuloten.

In den ersten Sitzungen erfolgt darüber hinaus eine konzentrierte praxisorientierte Einführung in die Anforderungen des akademischen Referierens und Verfassens.

Empfohlene Literatur:

Zur allgemeinen Vorbereitung des Seminars und als Hintergrundlektüre werden empfohlen (alle Quellen in den Bibliotheken der Uni Mainz vorhanden):

I

Schnädelbach, Herbert: Erkenntnistheorie zur Einführung. Hamburg 2008
[v.a. s. 7-39, 188-192]

Seiffert, Helmut: Einführung in die Wissenschaftstheorie. 1. Sprachanalyse - Deduktion - Induktion in Natur- und Sozialwissenschaften. München 2003
[v.a. s. 27-104, 153-200]

Seiffert, Helmut: Einführung in die Wissenschaftstheorie. 2. Geisteswissenschaftliche Methoden: Phänomenologie - Hermeneutik und historische Methode - Dialektik. München 2006
[v.a. s. 27-54, 104-109, 119-124, 129-131, 154-172]


II

Brandt, Reinhard: Immanuel Kant - Was bleibt? Hamburg 2010:
Kap. V: Zwecke der Natur (S. 151-174)

Jahn, Ilse (Hg.): Geschichte der Biologie. Theorien, Methoden, Institutionen, Kurzbiografien. 2. korrigierte Sonderausgabe, 2002, der 3., neu bearbeiteten und erweiterten Auflage Hamburg 2004:
Kap. 19: Die Herausbildung der Verhaltensbiologie (S. 581-600)

III

Kappeler, Peter: Verhaltensbiologie. 2., überarbeitete und korrigierte Aufl. Berlin Heidelberg 2009

Alcock, John: Animal Behavior. Das Original mit Übersetzungshilfen. An Evolutionary Approach. Eighth Edition. Übersetzung: Andreas Held. 8. Auflage München 2006

IV

Lorenz, Konrad: Das sogenannte Böse. Zur Naturgeschichte der Aggression. [1974] 25. Auflage München 2007

Nagel, Thomas: Wie ist es, eine Fledermaus zu sein? [1974] In:
Metzinger T (Hg.): Grundkurs Philosophie des Geistes. Band 1: Phänomenales Bewusstsein. Paderborn 2006, S. 62-78

Sommer, Volker: Darwinisch denken. Horizonte der Evolutionsbiologie. 2., korrigierte Aufl. Stuttgart 2008

Zusätzliche Informationen:

Betr. alte Studiengänge: Zwischenprüfung NICHT möglich.

ALLE Referate werden in der ERSTEN SITZUNG vergeben!

Auch zu diesem Seminar soll wiederum eine "FACEBOOK-Gruppe" für eine seminarbegleitende "halböffentliche" Diskussion angeboten werden.

Termine
Datum Von Bis Raum Lehrende/r
1 Do, 27. Okt. 2011 16:15 17:45 01 431 P104 Dr. Ulrich Leinhos-Heinke
2 Do, 3. Nov. 2011 16:15 17:45 01 431 P104 Dr. Ulrich Leinhos-Heinke
3 Do, 10. Nov. 2011 16:15 17:45 01 431 P104 Dr. Ulrich Leinhos-Heinke
4 Do, 17. Nov. 2011 16:15 17:45 01 431 P104 Dr. Ulrich Leinhos-Heinke
5 Do, 24. Nov. 2011 16:15 17:45 01 431 P104 Dr. Ulrich Leinhos-Heinke
6 Do, 1. Dez. 2011 16:15 17:45 01 431 P104 Dr. Ulrich Leinhos-Heinke
7 Do, 8. Dez. 2011 16:15 17:45 01 431 P104 Dr. Ulrich Leinhos-Heinke
8 Do, 15. Dez. 2011 16:15 17:45 01 431 P104 Dr. Ulrich Leinhos-Heinke
9 Do, 12. Jan. 2012 16:15 17:45 01 431 P104 Dr. Ulrich Leinhos-Heinke
10 Do, 19. Jan. 2012 16:15 17:45 01 431 P104 Dr. Ulrich Leinhos-Heinke
11 Do, 26. Jan. 2012 16:15 17:45 01 431 P104 Dr. Ulrich Leinhos-Heinke
12 Do, 2. Feb. 2012 16:15 17:45 01 431 P104 Dr. Ulrich Leinhos-Heinke
13 Do, 9. Feb. 2012 16:15 17:45 01 431 P104 Dr. Ulrich Leinhos-Heinke
14 Do, 16. Feb. 2012 16:15 17:45 01 431 P104 Dr. Ulrich Leinhos-Heinke
Übersicht der Kurstermine
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  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
  • 6
  • 7
  • 8
  • 9
  • 10
  • 11
  • 12
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Lehrende/r
Dr. Ulrich Leinhos-Heinke