Lehrende/r: Dr. Torsten Cress
Veranstaltungsart: Seminar
Anzeige im Stundenplan: S Soziologie Dinge
Semesterwochenstunden: 2
Credits: 6,0
Unterrichtssprache: Deutsch
Min. | Max. Teilnehmerzahl: - | 30
Prioritätsschema: Senatsrichtlinie Zulassung gemäß Richtlinie über den Zugang zu teilnahmebeschränkten Lehrveranstaltungen vom 07. März 2007. Nähere Informationen hierzu entnehmen Sie bitte www.info.jogustine.uni-mainz.de/senatsrichtlinie
Voraussetzungen / Organisatorisches: Diplom: Allgemeine Soziologie Magister: Allgemeine Soziologie
Inhalt: Die Einsicht, dass den Dingen eine zentrale Bedeutung für das Soziale zukommt, ist nicht neu. Schon bei Marx erscheinen die gesellschaftlichen Verhältnisse als determiniert durch die gegebenen Produktionsmittel, und für Émile Durkheim sind Dinge als vergegenständlichte, dem individuellen Handeln vorgegebene Zwänge wichtige Stabilisatoren gesellschaftlicher Strukturen. Gleichwohl hat sich die Soziologie lange Zeit nicht mit Artefakten beschäftigt; es dauerte bis in die 1970er Jahre hinein, bis diese Überlegungen wieder aufgegriffen und für eine grundlegende Auseinandersetzung mit dem Thema fruchtbar gemacht wurden. Mittlerweile ist die „Sachabstinenz“ (Hans Linde) der Soziologie überwunden, die Dinge sind zu einem etablierten Gegenstand soziologischer Forschung und Theoriebildung geworden. Dabei hat sich inzwischen eine große Bandbreite unterschiedlicher Zugänge, Fragestellungen und Erkenntnisinteressen entwickelt: So entschlüsseln etwa sozialkonstruktivistische Ansätze die sozialen, hinter der Durchsetzung neuer Technologien stehenden Prozesse, während sich praxistheoretische Zugänge eher für konkrete Anwendungskontexte interessieren; aus einer stärker handlungstheoretisch orientierten Perspektive wird untersucht, wie sich komplexe Handlungsabläufe auf die beteiligten Menschen und Techniken verteilen; die Wissenschaftssoziologie fragt nach neuen Formen der Sozialität; und mit besonderem Nachdruck setzt die Actor Network Theory, die Gesellschaft als fluide Netzwerke aus Menschen und Nichtmenschen konzeptualisiert, Artefakte auf die soziologische Agenda. Bei aller Unterschiedlichkeit ihrer Perspektiven und Antworten teilen diese Zugänge die Einsicht in die Notwendigkeit einer systematischen Berücksichtigung des Materiellen in der Soziologie. Das Seminar wird sich intensiv mit den unterschiedlichen Ansätzen der Soziologie der Artefakte auseinandersetzen, ihre Differenzen und Gemeinsamkeiten erarbeiten sowie ihre Relevanz für eine Soziologie sozialer Praktiken diskutieren. Ausflüge in Nachbardisziplinen (wie die Philosophie, Anthropologie und Material Culture) werden mit der Frage verbunden sein, was eine Soziologie von diesen Ansätzen lernen kann. Kleine empirische Übungen runden das Seminar ab.
Empfohlene Literatur: Latour, Bruno, 1996: Der Berliner Schlüssel. Erkundungen eines Liebhabers der Wissenschaften. Berlin: Akademie. Cerulo, Karen A. 2009. Nonhumans in Social Interaction. Annual Review of Sociology 35: 531-552.