05.059.0008 PS 2 LW: Dichter der Hölle vom 16. bis zum 21. Jahrhundert: Marot, Baudelaire, Rimbaud, Bouillon

Veranstaltungsdetails

Lehrende/r: Dr. phil. Christiane Conrad von Heydendorff

Veranstaltungsart: Proseminar

Anzeige im Stundenplan: PS2.LW.F

Semesterwochenstunden: 2

Credits: 4,0

Unterrichtssprache: Deutsch

Min. | Max. Teilnehmerzahl: - | 30

Prioritätsschema: Senatsrichtlinie
Zulassung gemäß Richtlinie über den Zugang zu teilnahmebeschränkten Lehrveranstaltungen vom 07. März 2007.

Nähere Informationen hierzu entnehmen Sie bitte www.info.jogustine.uni-mainz.de/senatsrichtlinie

Voraussetzungen / Organisatorisches:
Kurssprache: Deutsch / Französisch

- regelmäßige und aktive Teilnahme am Seminar (dies beinhaltet auch die Übernahme kleinerer Vorträge, Aufgaben und / oder Referate)
- max. 2 Fehlstunden
- Lektüre der vor und während des Seminars angegebenen Texte (Primärtexte und Theorie)

Voraussetzung für den Erwerb von Leistungspunkten ist zudem eine schriftliche Hausarbeit laut Prüfungsordnung am Ende des Semesters.

Inhalt:
Hades, Hölle, Inferno, Jenseits, Orkus, Limbus, Reich der Toten, Schattenreich, Totenreich, Unterwelt, l‘enfer, les enfers, la pègre, le feu éternel, l‘abîme, le gouffre, les limbes, le pandémonium, le royaume des ombres, l’au-delà. Es gibt einen unerschöpflichen Fundus an Begriffen, um ein die Menschheit begleitendes, sich im Laufe der Zeit stets wandelndes Konzept zu benennen, einen Ort, an dem die Toten – im Guten oder Schlechten – verweilen können oder müssen. Hölle, aus germ. *haljo, heißt ursprünglich ‘das Verbergende oder Verborgene’, enfer kommt aus dem klass. lat. infernus, a, um für ‘d‘en bas’. Beide Begriffe bezeichnen ursprünglich etwas nicht Fassbares, etwas ‚unter‘ unserer Welt. Generell dämonisiert wurde die Unterwelt oder Hölle erst im Christentum.

Den Lebenden eigentlich unzugänglich hatte dieser Ort stets einen besonderen Reiz und wurde seit jeher von Dichtern besungen und von Schriftstellern ausgestaltet. Sie machten die Grenzüberschreitung ins Totenreich, die Katabasis und generell die Jenseitsreise, zumindest in der Fiktion möglich. Die wichtigsten Beispiele seit der Antike finden sich in Homers Odyssee, Vergils Aeneis, in dem auf dieser aufbauenden altfranzösischen Roman d'Énéas, in der Visio Tnugdali sowie in Dantes Divina Commedia. Im christlichen Kontext darf man sicher den Einfluss der Descensus Christi ad inferos nicht außer Acht lassen.

Nachdem wir uns im Kurs einen grundlegenden Überblick über traditionelle Vorstellungen der Unterwelt und Hölle verschafft haben, wollen wir uns deren Entwicklung in der französischen Lyrik von der Frühen Neuzeit bis in die Gegenwart ansehen. Inwiefern bauen die Darstellungen auf älteren Mustern auf und was ist neu? Was ändert sich an der ‚Funktion‘ der Hölle? Bleibt sie immer ‚unterirdisch‘? Mit welchen literarischen Mitteln wird sie gestaltet?

Wir beginnen mit dem allegorischen Gedicht „L‘Enfer“ von Clément Marot (1526 entstanden, 1539 publiziert), in dem der Dichter seinen Aufenthalt im Châtelet, einem berüchtigten Pariser Gefängnis, verarbeitet. Dem autobiographischen Höllenwanderer begegnen zahlreiche furchterregende Figuren in mythologischer Gestalt – doch welchen Zweck hat der Rückgriff auf die antik-mittelalterliche Motivtradition wirklich?

Im 19. Jahrhundert erfahren Themen aus Hölle und Unterwelt ein berühmtes Revival bei Charles Baudelaire (Les Fleurs du Mal, 1857) und Arthur Rimbaud (Une Saison en enfer, 1873). Während Hugo Friedrich Baudelaire noch ein „ruinöses Christentum“ unterstellt – er verweist auf die fast durchgängig präsente Antithese von Finsternis, Abgrund, Angst, Öde, Schwärze und Fäulnis versus Aufschwung, Azur, Himmel, Ideal, Licht und Reinheit – attestiert er Rimbaud einen inneren Kampf gegen den „christlichen Erbzwang“, der „beim Aufruhr beginnt und mit der Marter endet“. Bei Baudelaire findet man also Zerrissenheit des Ich, bei Rimbaud „psychologisierende Zersetzung der christlichen Seele“. Wie lässt sich das eine, wie das andere in der Lyrik greifen?

Zu guter Letzt wagen wir den Sprung ins 21. Jahrhundert und lesen Guillaume Bouillons De Retour de l’Enfer (2017), das von sich behauptet, im Stil des 19. Jahrhunderts geschrieben zu sein und sich an den Dichtern eben jener Epoche zu inspirieren, wobei naturgemäß die eigene Zeit den inhaltlichen Fokus stellt.

 

Empfohlene Literatur:
Baudelaire, Charles: Œuvres completes I. Texte établi, prés. et ann. par Claude Pichois. Paris: Gallimard 1975. (daraus Les Fleurs du Mal)

Bouillon, Guillaume: De retour de l'Enfer. Paris: Ed. Persée 2017.

Marot, Clément: L' adolescence clémentine. Ed. présentée, établie et annotée par Frank Lestringant. [paris]: Gallimard 1987. (daraus L'Enfer)

Rimbaud, Arthur: Œuvres complètes. Ed. établie par André Guyaux. [paris]: Gallimard 2009. (daraus Une Saison en Enfer)

Zusätzliche Informationen:
Die angegebenen Ausgaben finden Sie - bis auf Bouillon - in unseren Bibliotheken, die zu lesenden Primärtexte sind vollumfänglich darin enthalten. Gerne können Sie zur Vorbereitung auch auf andere, Ihnen bereits vorliegende Texteditionen zurückgreifen. Die Textkenntnis wird überprüft und ist bereits Teil der erforderlichen aktiven Teilnahme.

Weitere Texte werden ggf. zu Beginn des Semesters bekannt gegeben und bereitgestellt, die Lektüre ist verpflichtend und selbstredend Grundlage der aktiven Teilnahme.

Termine
Datum Von Bis Raum Lehrende/r
1 Mo, 15. Apr. 2019 10:15 11:45 00 003 SR 07 Dr. phil. Christiane Conrad von Heydendorff
2 Mo, 29. Apr. 2019 10:15 11:45 00 003 SR 07 Dr. phil. Christiane Conrad von Heydendorff
3 Mo, 6. Mai 2019 10:15 11:45 00 003 SR 07 Dr. phil. Christiane Conrad von Heydendorff
4 Mo, 13. Mai 2019 10:15 11:45 00 003 SR 07 Dr. phil. Christiane Conrad von Heydendorff
5 Mo, 20. Mai 2019 10:15 11:45 00 003 SR 07 Dr. phil. Christiane Conrad von Heydendorff
6 Mo, 27. Mai 2019 10:15 11:45 00 003 SR 07 Dr. phil. Christiane Conrad von Heydendorff
7 Mo, 3. Jun. 2019 10:15 11:45 00 003 SR 07 Dr. phil. Christiane Conrad von Heydendorff
8 Mo, 17. Jun. 2019 10:15 11:45 00 003 SR 07 Dr. phil. Christiane Conrad von Heydendorff
9 Mo, 24. Jun. 2019 10:15 11:45 00 003 SR 07 Dr. phil. Christiane Conrad von Heydendorff
10 Mo, 1. Jul. 2019 10:15 11:45 00 003 SR 07 Dr. phil. Christiane Conrad von Heydendorff
11 Mo, 8. Jul. 2019 10:15 11:45 00 003 SR 07 Dr. phil. Christiane Conrad von Heydendorff
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Lehrende/r
Dr. phil. Christiane Conrad von Heydendorff