Lehrende/r: Noa Maria Winter M.A.
Veranstaltungsart: Seminar
Anzeige im Stundenplan: S Theatralität
Semesterwochenstunden: 2
Unterrichtssprache: Deutsch
Min. | Max. Teilnehmerzahl: - | 32
Anmeldegruppe: Theatralität, Performativität und Alltagskultur
Inhalt: Mit Blick auf die Filmindustrie erscheint Disability Performance als Erfolgsgarant für die eigene Karriere: 16% aller Oscar-Gewinner*innen erhielten ihre Auszeichnungen für die Darstellung einer behinderten Figur. Behinderte Künstler*innen spielen dabei in der Regel jedoch – im wahrsten Sinne des Wortes – keine Rolle. Stattdessen wird sich den Techniken des Cripping Up, der Verkörperung behinderter Rollen durch nichtbehinderte Schauspieler*innen, bedient. Während diese Praxis in den vergangenen Jahren im Filmbereich einige Kritik erfahren hat, bleibt das Thema in theaterwissenschaftlichen oder theaterjournalistischen Veröffentlichungen – trotz anhaltender Blackfacing-Diskussionen – weitestgehend unerwähnt. Dementsprechend sollen in diesem Seminar unterschiedliche Ausprägungen von Disability Performance betrachtet werden, wobei dezidiert die Praktiken behinderter Menschen im Mittelpunkt stehen. Disability Performance kann dabei nicht nur als ein Gegenstand des Kunsttheaters, sondern ebenso der Alltagskultur verstanden werden. Denn gerade die Analyse von Behinderung außerhalb der durch die Bühne gekennzeichneten Darstellungsformen vermag unterschiedliche Modelle von Behinderung (z. B. medizinisches vs. soziales Modell), deren Performativität und insbesondere die damit verbundenen Blickregime offenzulegen. So wird das Seminar bewusst auch aktivistische Auseinandersetzung um Disability Performance (z. B. Starring Back, Inspiration Porn, Cripping…) einbeziehen. Zudem werden die gewählten Beispiele ein weites Spektrum von Behinderung adressieren, indem etwa die Arbeitspraktiken chronisch kranker, neurodiverser und psychisch kranker Künstler*innen (wie Touretteshero oder the vacuum cleaner) einbezogen werden. Ein besonderer Fokus liegt dabei neben der Thematisierung von Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen auf Performer*innen oder Gruppen, die selbstbestimmte Arbeitspraktiken (außerhalb von Werkstattkontexten) verfolgen. So wird die Seminardiskussion u.a. von folgenden Fragen geleitet: Wie verorten sich Disability Performances in aktuellen Diskursen um Inklusion und Diversität? Welche Arbeitspraktiken und Ästhetiken werden von den verschiedenen Künstler*innen verfolgt? Welche Auseinandersetzungen gibt es in unterschiedlichen aktivistischen und künstlerischen Praktiken mit gesellschaftlichen Tradierungen von Behinderung, Leistung und Barrierefreiheit? Welchen Umgang mit normierten Körperbildern pflegen die Akteur*innen? Welche theaterwissenschaftlichen Zugänge sind möglich und welche müssen – etwa aufgrund der impliziten Normierungen der kanonischen Theorien und Konzepte – erst noch erschlossen werden?
Zusätzliche Informationen: Da sich das Seminar insbesondere Texten der Disability und Performance Studies widmet, wird die Bereitschaft zur intensiven Lektüre englischsprachiger Texte vorausgesetzt. Dem zentralen Gegenstand der Inszenierungsanalyse entsprechend, wird es darüber hinaus mehrere Sichtungstermine außerhalb der regulären Seminarzeit geben.
