07.092.385 Tagung: Léopold Sédar Senghor im 21. Jahrhundert

Veranstaltungsdetails

Lehrende/r: Univ.-Prof. Dr. Gregor Wedekind

Veranstaltungsart: online: Tagung

Anzeige im Stundenplan: Tagung / Konferenz

Semesterwochenstunden: 2

Credits: 1,0

Unterrichtssprache: Deutsch

Min. | Max. Teilnehmerzahl: 3 | -

Voraussetzungen / Organisatorisches:
Internationale Konferenz über den senegalesischen Dichter und Politiker Léopold Sédar Senghor vom 17. - 18. Juni 2021

Inhalt:
In seiner 2006 anlässlich des 100. Geburtstags erschienenen wissenschaftlichen Biographie zu Léopold Sédar Senghor merkt János Riesz an, dass „Orphée noir“, Jean Paul Sartres Vorwort in der durch Senghor herausgegebenen Anthologie de la nouvelle poésie nègre et malgache de langue française, den Eintritt der Négritude in die Weltliteratur markiere. Vor allem aber setzte dieser Text eine ideologiegesteuerte Rezeptionsdynamik in Gang, die den Diskurs zu Senghor und seinen Werken während der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts beherrschte und eine unvoreingenommene Betrachtung in Afrika wie in Europa verhinderte.
Senghor, der junge, politisch aktive senegalesische Intellektuelle, Poet und Essayist der 1930er Jahre, steht seitdem als unumgängliche Stimme der Unabhängigkeitszeit im Scheinwerferlicht. Ursprünglich Anhänger eines französischen Föderalismus ohne Segregation, wurde er zum Baumeister der senegalesischen Unabhängigkeit und der erste Präsident des Landes, das er, mangels eben dieses politischen Föderalismus, zu einem ‚kulturellen Föderalismus‘ mit Frankreich führen wollte. Sein im November 1962 in der Zeitschrift Esprit veröffentlichter Essay „Le français, langue de culture“ wird im Gedächtnis bleiben und ihn zum verehrten wie gehassten Gründungsvater des Frankophonie-Gedankens machen.
Während Senghor in Frankreich und Deutschland seit den 1960er Jahren bezüglich seiner institutionellen Rezeption einen europäischen Mythos Afrikas verkörpert und in einem angespannten Kontext 1968 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erhielt, war und ist er teils immer noch für einige afrikanische Intellektuelle und Politiker ein Symbol der fortdauernden kolonialen Dominanz, die es endgültig zu überwinden gilt. Während ihn einige somit als eine mächtige Stimme der Négritude-Bewegung und Verfechter einer ideellen Frankophonie schätzen und seine kraftvolle Poetik und humanistische Politik preisen, prangern ihn andere, teils aus denselben Gründen, als Assimilierten und Mitläufer eines rassistischen und universalistischen Weltbildes an, manche sehen in ihm gar den Agenten eines neokolonialen Frankreichs. Die Mehrzahl dieser antagonistischen Wahrnehmungen der Person Senghors und seines Werks haben jedoch gemeinsam, dass sie ohne oder mit einer ausgesprochen einseitigen Kontextualisierung seines Œuvres und seiner Handlungen auskommen. Die polemische Rezeption seines Ausspruchs « L’émotion est nègre, comme la raison est hellène » (1939), der ihm noch immer vorgeworfen wird, ist hierfür emblematisch.
In der jüngeren Vergangenheit haben afrikanische und europäische Wissenschaftler verschiedener Disziplinen (Kunstgeschichte, Soziologie, Ökonomie, Ethnologie, Philosophie und andere) eine Neubewertung von Senghor angestoßen, gerade auch hinsichtlich seines kulturellen wie politischen Erbes im 21. Jahrhundert. Daran anschließend möchte das vom 18–19. Juni 2020 vom Zentrum für Frankreich- und Frankophoniestudien (ZFF) der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz organisierte internationale und interdisziplinäre Kolloquium zwei thematische Achsen in den Mittelpunkt der Diskussion stellen:
- Es gilt, die Senghors Denken und Werken innewohnende Dynamik zu verstehen, welche zu der zwischen Verehrung und radikalen Ablehnung gespaltenen Rezeption geführt hat. Zum einen geht es also um eine strikte Historisierung von Senghor Schaffen, zum andern um die Frage, inwiefern der historische Kontext seiner Rezeption im 20. Jahrhundert, Dekolonialisierung, Unabhängigkeit und Postkolonialismus, zu einer Verengung bei der Betrachtung seines Werks geführt hat.
- Es gilt, eine Betrachtung seines Werks jenseits dieser historischen Frontlinien aus einer aktuellen Perspektive zu gewinnen und zu fragen, was es im und für das 21. Jahrhundert beisteuern kann, vor allem im Hinblick auf neue Konfigurationen in Politik, Wirtschaft, Gesellschaft, Anthropologie sowie in zeitgenössischer Kunst und Literatur.
 

Empfohlene Literatur:
Hans Belting und Andrea Buddensieg: Ein Afrikaner in Paris. Léopold Sédar Senghor und die Zukunft der Moderne. Verlag C. H. Beck, München: Beck 2018.

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